Justiz und NS-Verbrechen Bd.XXXV

Verfahren Nr.747 - 757 (1971)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.756a LG Saarbrücken 29.06.1971 JuNSV Bd.XXXV S.389

 

Lfd.Nr.756a    LG Saarbrücken    29.06.1971    JuNSV Bd.XXXV S.444

 

Nach dieser Zeugenaussage, die wegen der Aufrichtigkeit der Darstellungsweise des Zeugen und dem klaren Herausstellen der Lücken in den Wahrnehmungsmöglichkeiten bezüglich der Hintergründe glaubhaft ist, steht zwar nach dem persönlichen Eindruck, den das Gericht von Dr. Wel. gewonnen hat, fest, dass der Angeklagte bei dieser Erhängung zugegen war, was von diesem bestritten wird. Inwieweit er daran massgeblich beteiligt war, bleibt aber offen. Da die blosse Anwesenheit bei einer Erhängung auf dem DAW-Gelände strafrechtlich nicht relevant ist, eine Garantenstellung des Angeklagten für ihm unterstellte Arbeiter nicht bestand, war der Angeklagte, weil ein irgendwie gearteter Tatbeitrag ihm nicht nachzuweisen ist, auch insoweit freizusprechen.

 

Zu Fall 7 der Anklageschrift schilderte Dr. Wel. nachstehendes: Er habe eines Tages mit anderen Häftlingen stundenlang beim Appell warten müssen. Willhaus und Gebauer seien währenddessen in dem Haus des Angeklagten gewesen. Aus dem Fenster des Wohnhauses Gebauer seien Schüsse auf Häftlinge abgegeben worden. Er (der Zeuge) könne heute nicht sagen, wer diese Schüsse abgegeben habe, insbesondere, ob Gebauer geschossen habe. Er habe früher den Angeklagten als Schützen bezeichnet, weil die Schüsse aus seinem Haus gekommen seien und er der Leiter der DAW gewesen sei. Auf Vorhalt einer Aussage des Zeugen Wel., die dieser bereits am 21.September 1944 vor einer russischen Vernehmungsstelle gemacht hat, erklärte er weiter, es sei richtig, dass er damals die Schüsse Willhaus zur Last gelegt habe. Zudem, so fuhr er jetzt fort, sei Willhaus dafür bekannt gewesen, dass er sich "auf diese Art zu unterhalten pflegte".

 

Nach dieser Aussage war der Angeklagte auch von dem Vorwurf der Ziffer 7 der Anklageschrift freizusprechen, da stichhaltige Belastungen hinsichtlich dessen Täterschaft nicht geblieben sind.

 

III. Fall 8 der Anklageschrift

 

Die Staatsanwaltschaft legt dem Angeklagten zur Last, in der Zeitspanne zwischen Juni bis Oktober 1942 auf einen Häftling, der in den DAW - obwohl nicht dorthin gehörend - gewesen sei, zunächst mit einer Reitpeitsche und dann mit einem Holzknüppel solange eingeschlagen zu haben, bis der Häftling tot gewesen sei.

 

Dieser Vorwurf stützt sich auf die Aussage des Zeugen Bernhard He. Dieser hat in der Hauptverhandlung folgendes bekundet: Etwa Anfang August 1942 habe er auf dem Gelände der DAW Bretter aufgeschichtet, als ein etwa 40-jähriger Mann auf dem in der Nähe der Küche der DAW vorbeiführenden Weg dahergekommen sei. Der Angeklagte habe den Mann gefragt, was er hier mache. Was der Jude geantwortet habe, wisse er (der Zeuge) nicht. Gebauer habe dann mit der Hand - im Verlaufe der weiteren Vernehmung sagte der Zeuge mit einem Holz - auf den Kopf des Mannes geschlagen, bis dieser tot gewesen sei. Anschliessend habe der Angeklagte vier Häftlingen den Befehl gegeben, den Juden wegzutragen. Mit diesen Leuten habe er (der Zeuge) später gesprochen, wobei diese ihm erzählt hätten, der von ihnen weggetragene Mann sei tot gewesen. Auf Fragen an den Zeugen, ob er noch etwas Näheres über diesen getöteten Mann sagen könne, erklärte er, er meine, der Mann habe "irgendwie fliehen wollen", als er den Weg hoch gekommen sei; er (der Zeuge) habe sich damals mit seinen Mithäftlingen unterhalten; dabei habe man den Schluss gezogen, der Mann habe bestimmt flüchten wollen.

 

Zwischen dieser Aussage und seiner ihm vorgehaltenen Aussage vor dem Untersuchungsrichter vom 19.August 1963 besteht in 2 Punkten ein Unterschied: damals erklärte der Zeuge, der Angeklagte habe zunächst mit einer Reitpeitsche und erst dann mit einem Holzknüppel auf den Juden eingeschlagen; zum anderen bezeugte er damals, Leute aus seiner Brigade hätten mit dem Mann, bevor dieser von dem Angeklagten angesprochen worden sei, geredet und ihm geraten, sich hinter einem Holzhaufen zu verstecken und abends mit ihnen in das