Justiz und NS-Verbrechen Bd.XVII

Verfahren Nr.500 - 522 (1960 - 1961)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.511a LG Aurich 29.05.1961 JuNSV Bd.XVII S.421

 

Lfd.Nr.511a    LG Aurich    29.05.1961    JuNSV Bd.XVII S.426

 

3. Angeklagter Bastian

 

Der Angeklagte Bastian wurde am 20.April 1910 in Steinperf, Kreis Biedenkopf, als Sohn des Formers und späteren Händlers Georg Bastian und seiner Ehefrau Margarete, geb. Don., geboren.

Der Angeklagte besuchte von 1916 bis 1924 die Volksschule und half dann, ohne eine Berufsausbildung genossen zu haben, im elterlichen Obst- und Gemüsegeschäft, bis sein Vater im Jahre 1928 das Geschäft aufgeben musste. Von 1928 bis 1934 war er mit kurzen Unterbrechungen arbeitslos. Dann arbeitete er zwei Jahre als Emaillierer in einem Emaillierwerk in Weidenhausen. Im Jahre 1936 nahm er eine Beschäftigung als Zivilarbeiter beim Luftgaukommando Giessen an. Als im Sommer 1938 Kräfte für die Grenzpolizei gesucht wurden, meldete er sich, weil ihm dort finanziell mehr geboten wurde. Nach erfolgreichem Besuch eines Lehrganges auf der Grenzpolizeischule in Pretzsch/Elbe wurde er im Herbst 1938 als Kriminalassistentenanwärter bei dem zum Grenzpolizeikommissariat Tilsit gehörenden Grenzpolizeiposten Luisenbrücke verwendet.

Nach dem Anschluss des Memellandes wurde er zunächst zum Grenzpolizeiposten Laugszargen und im Mai/Juni 1939 zur Grenzpolizeinebenstelle Heydekrug versetzt.

Im Jahre 1940 wurde er zum planmässigen Kriminalassistenten mit dem Angleichungsdienstgrad eines SS-Oberscharführers ernannt. Im Frühjahr 1942 wurde er wieder zum Grenzpolizeiposten Laugszargen versetzt.

Als die sowjetischen Truppen im Spätsommer 1944 die Reichsgrenze bedrohten, wurde er zum Polizeiregiment Oberst von Bredow abgestellt. Nachdem er bei einem Luftangriff auf Königsberg am rechten Unterschenkel verwundet worden war, wurde er mit einem Lazarettschiff nach Dänemark gebracht. Dort geriet er im Mai 1945 in englische Kriegsgefangenschaft, aus der er aber schon nach kurzer Zeit entfliehen konnte. Der Angeklagte begab sich nun zu seinem Onkel in Hohenlimburg und betätigte sich für seinen Schwager, der in der Nähe von Siegen einen kleinen Betrieb hatte, als Einkäufer.

Im Frühjahr 1946 wurde er in Hagen von den Engländern festgenommen und in das Internierungslager Staumühle gebracht.

Nachdem er im April 1948 vom Spruchgericht Hiddesen freigesprochen und aus der Internierung entlassen worden war, arbeitete er zunächst als Ofenbauer und später als Werkschutzangehöriger bei der Firma Hoesch-AG in Hohenlimburg.

 

Der Angeklagte Bastian war seit dem Jahre 1932 Mitglied der NSDAP und der SA. Er heiratete erstmals im Jahre 1934. Aus dieser 1957 geschiedenen Ehe sind drei Kinder im Alter von 22 bis 27 Jahren hervorgegangen. Seine zweite im Jahre 1957 geschlossene Ehe, die kinderlos blieb, ist im Jahre 1959 ebenfalls geschieden worden. Zur Zeit ist der Angeklagte wieder verlobt.

Der Angeklagte Bastian ist bisher unbestraft. Er wurde am 19.Mai 1960 festgenommen und befindet sich seitdem in Untersuchungshaft.

 

4. Angeklagter Schmidt

 

Der Angeklagte Wilhelm Schmidt wurde am 5.Januar 1914 in Dendermonde (Belgien) als Sohn des Kaufmanns Hermann Schmidt und seiner Ehefrau Johanna, geb. Sta., geboren. Sein Vater war dort Prokurist in einer Wollfabrik. Beim Ausbruch des ersten Weltkrieges wurden seine Mutter, seine beiden älteren Schwestern und der Angeklagte selbst kurze Zeit in Belgien interniert, bis sie von den deutschen Truppen befreit wurden. Sein Vater wurde Soldat, die Familie zog nach Katzenelnbogen (Taunus). Nach Kriegsende übernahm sein Vater das elterliche Manufakturwarengeschäft in Katzenelnbogen.

Der Angeklagte besuchte von 1920 bis 1927 die Volksschule und anschliessend die Oberrealschule in Bad Ems, die er im Jahre 1931 mit dem Zeugnis der mittleren Reife verliess. Nach seiner Schulentlassung arbeitete er zunächst im elterlichen Geschäft. Sein Wunsch, Flugzeugpilot zu werden, stiess auf den Widerstand seines Vaters. Im Jahre 1932 lief der Angeklagte von Hause weg, um in der Nähe von Braunschweig auf einem grösseren Gut zu arbeiten. Er blieb jedoch bei Göttingen hängen