Justiz und NS-Verbrechen Bd.XXXV

Verfahren Nr.747 - 757 (1971)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.756a LG Saarbrücken 29.06.1971 JuNSV Bd.XXXV S.389

 

Lfd.Nr.756a    LG Saarbrücken    29.06.1971    JuNSV Bd.XXXV S.425

 

in Lemberg, wobei Anknüpfungspunkt der Frankfurter Auschwitzprozess 216 war. Es ist nicht auszuschliessen, dass dabei Mau. obigen Vorfall erwähnte und Bla. diesen nun als eigene Wahrnehmung übernimmt. Auf jeden Fall blieb die Aussage Bla.s wegen der abgehandelten Gründe bei der Überzeugungsbildung des Gerichts bezüglich des zu Fall 22 der Anklageschrift festgestellten Sachverhalts bewusst ausser Betracht.

 

III. Zu Fall 20 der Anklageschrift

 

Die diesbezüglichen Feststellungen beruhen auf den eidlichen Bekundungen der Zeugin Zahawa Zel. Sie hat den objektiven Teil des hierzu oben festgehaltenen Sachverhalts in dem wiedergegebenen Sinne geschildert. Die heute 51-jährige, in Israel wohnende und den Beruf einer Kunstmalerin ausübende Zeugin Zel. war unter ihrem früheren Namen Eugenia Maa. von Herbst 1941 an in den DAW als Dienstmädchen der Familie Gebauer tätig. Als einzige von allen vernommenen jüdischen Zeugen ist sie nach der Einlassung des Angeklagten diesem der Person und dem Namen nach noch klar in Erinnerung. Auch er gibt an, dass sie in seinem Haushalt die Funktion eines Dienstmädchens ausübte. Es kam anlässlich der Vernehmung der Zeugin Zel. durch Frage und Antwort zwischen dem Angeklagten und der Zeugin in nebensächlichen Dingen zu sich deckenden Erinnerungsbildern. Zum Beispiel fiel der Zeugin auf Frage des Angeklagten ein, dass zur Anfangszeit ihres Aufenthaltes in den DAW der Angeklagte wie das übrige Personal der DAW sich häufiger darüber beschwerten, dass der damals das Essen der Deutschen herrichtende Koch zu häufig als Mahlzeit Nudeln mit Rosinen zubereitete, ein Umstand, der gerade wegen seiner Nebensächlichkeit für den Verfahrensausgang, was eine Färbung auf Seiten des Angeklagten wie auch der Zeugin ausschliesst, die gute Erinnerungsfähigkeit einerseits des Angeklagten wie auch der Zeugin an die Erlebnisse in der in Frage stehenden Zeit dokumentiert. Abgesehen davon wurde durch Antworten der Zeugin auf andere enger mit dem Prozessstoff zusammenhängende Fragen deutlich, dass diese trotz der zwischenzeitlich verflossenen Zeit noch ein klares Erinnerungsbild über ihre damaligen Wahrnehmungen hat. Die Zeugin gab ein mit der Darstellung des Angeklagten fast deckungsgleiches Bild über das Haus, in dem Gebauer wohnte, obwohl das Innere dieses Hauses mit seinen etwa zwölf Räumen, deren Lage zueinander, die Zweckbestimmung der einzelnen Zimmer und deren Benutzung durch den Angeklagten, seine Frau, seine Sekretärin und sonstige Deutsche nicht gerade leicht zu beschreiben ist. Die Zeugin ist überdies über die wesentlichen Werkstätten der DAW und insbesondere die zeitliche Reihenfolge deren Entstehens klar im Bild. Ihre diesbezüglichen Darlegungen stimmen mit der Einlassung des Angeklagten und insbesondere mit dem in der Beweisaufnahme durch Befragen der einzelnen Zeugen, soweit diese Angaben dazu zu machen vermochten, durch Zusammensetzen der verschiedenen Detailaussagen gewonnenen Vorstellungsbild des Gerichts über die Entwicklung der DAW überein. Die Antworten der Zeugin auf solche die allgemeine Erinnerungsfähigkeit testende Fragen des Gerichts ergaben, dass die Zeugin noch heute örtlich und zeitlich gut über die damaligen Verhältnisse orientiert ist, so dass ihre Aussagetüchtigkeit auch hinsichtlich von Einzelerlebnissen nicht bereits generell in Frage zu stellen ist. Der Wert der Aussage wird ganz allgemein weiter dadurch erhöht, dass bei der eingehenden Vernehmung der Zeugin auf Grund der bei ihr vorhandenen überdurchschnittlichen intellektuellen Begabung und der Art ihrer Darstellung, die in deutscher Sprache erfolgte, zu Tage trat, dass sie über eine gute Wiedergabefähigkeit verfügt.

 

Aber auch bei der Schilderung des oben festgehaltenen Sachverhalts im speziellen wurden keine Anhaltspunkte erkennbar, die Abstriche an dem Erinnerungsvermögen der Zeugin insoweit zuliessen. Sie erzählte den Handlungsablauf flüssig, widerspruchsfrei und auch ohne Abweichung von ihrer früheren Aussage. Etwas unpräzise waren ihre Bekundungen lediglich

 

216 Siehe Lfd.Nr.595.