Justiz und NS-Verbrechen Bd.XXXV

Verfahren Nr.747 - 757 (1971)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.756a LG Saarbrücken 29.06.1971 JuNSV Bd.XXXV S.389

 

Lfd.Nr.756a    LG Saarbrücken    29.06.1971    JuNSV Bd.XXXV S.398

 

SS-Gruppenführer und Generalleutnant der Polizei Friedrich Katzmann. Er ordnete an, dass in Lemberg ein Judenrat gebildet wurde, der die jüdischen Angelegenheiten verwalten sollte. Dem Judenrat wurde ein jüdisches Ordnungsamt zur Seite gestellt. Im August 1941 verlangte der SSPF von den jüdischen Einwohnern eine Kontribution von 20 Millionen Zloty, die diese unter grössten Opfern aufbrachten, da sie sich danach geordnete Verhältnisse versprachen. Diese Hoffnung erfüllte sich aber nicht. Vielmehr mussten im Herbst 1941 alle jüdischen Einwohner in einen jüdischen Wohnbezirk umziehen. Um dorthin zu gelangen, hatten die Juden verschiedene Brücken zu passieren. Dort wurden viele alte und kranke Juden ausgesondert und später erschossen.

 

Zur nächsten grossen Aktion kam es im März 1942. Alte Juden mussten sich in einer Schule einer Untersuchung auf ihre Arbeitsfähigkeit stellen. Sehr viele ältere und arbeitsunfähige Juden sowie Kinder wurden dabei ausgesucht und zum Bahnhof Kleparow gebracht, von wo aus sie dem Vernichtungslager Belzec zugeführt wurden. Offiziell wurde bekanntgegeben, die Abtransportierten würden ausgesiedelt werden. Darunter war in der SS-Sprache zu verstehen, dass sie in ein Vernichtungslager gebracht wurden. Aber auch unter den Juden sprach sich bald herum, dass ihre zum Bahnhof gebrachten Glaubensgenossen in Wahrheit nicht in eine andere Gegend gebracht wurden, sondern dem Tode zugeführt wurden, weil die jüdischen Begleitmannschaften, die vom Bahnhof Kleparow zurückkamen, berichteten, die Juden hätten sich dort ausziehen müssen und seien unter Zurücklassen ihrer Kleider und ihrer sonstigen Habe nackt in Eisenbahnzüge gepfercht worden.

 

Bei der nächsten Grossaktion im August 1942 wurde zum ersten Mal das ZAL eingeschaltet. Zehntausende von Juden wurden gruppenweise aus dem jüdischen Wohnbezirk ins ZAL gebracht, wo die arbeitsunfähigen von den arbeitsfähigen Juden getrennt wurden. Letztere blieben im ZAL bzw. wurden in andere Lager in der weiteren Umgebung gebracht, erstere über den Bahnhof Kleparow, der in unmittelbarer Nähe des ZAL lag, ins Vernichtungslager Belzec transportiert. Es wurde bereits damals in Lemberg unter den Juden erzählt, dieser Aktion seien 50.000 Juden zum Opfer gefallen. Die nun noch in Lemberg lebenden Juden wurden in ein geschlossenes Ghetto gebracht, das mit einem hohen Bretterzaun umgeben wurde.

 

Im November 1942 fand eine weitere grössere Aktion in Lemberg statt, auf Grund der viele Juden getötet bzw. nach Belzec in die Gaskammern gebracht wurden. Kleinere Aktionen folgten im Januar 1943 und im März 1943. Bei den drei letztgenannten Aktionen wurde die Auslese zwischen Arbeitsfähigen und -unfähigen nicht mehr auf dem Gelände des ZAL vorgenommen, sondern auf dem vor dem ZAL vorbeiführenden Teil der Janowskastrasse.

 

Die Zahl der im Ghetto verbliebenen Juden war durch die Novemberaktion 1942 weiter stark gesunken. Im Anschluss an diese Aktion wurden die übriggebliebenen arbeitsfähigen Juden neu registriert. Sie erhielten Armbinden mit den Buchstaben "R" oder "W", was bedeutete, dass sie in den Rüstungs- (= "R") bzw. Wehrmachtsbetrieben (= "W") arbeiteten. Aufgegriffene Juden, die keine solche Erkennungszeichen hatten, wurden getötet. Im Januar 1943 wurde das Ghetto in "JULAG" (Judenlager) umbenannt. Anfang Juni 1943 wurde das JULAG liquidiert. Katzmann berichtete in dem nach ihm benannten Tätigkeitsbericht an den Höheren SS- und Polizeiführer in Krakau, Krüger, dass mit Wirkung vom 23.Juni 1943 sämtliche Judenwohnbezirke aufgelöst seien und der Distrikt Galizien, bis auf die in den Zwangsarbeitslagern Untergebrachten, judenfrei sei.