Justiz und NS-Verbrechen Bd.XX

Verfahren Nr.569 - 589 (1964 - 1965)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.579b BGH 24.08.1965 JuNSV Bd.XX S.374

 

Lfd.Nr.579b    BGH    24.08.1965    JuNSV Bd.XX S.374

 

5 StR 114/65

 

Im Namen des Volkes

 

 

In der Strafsache gegen

 

1. den Arzt Dr.med. Werner Scheu aus Borkum, geboren am 30.März 1910 in Heydekrug/Memel, zur Zeit in Untersuchungshaft,

2. den Reitlehrer Karl Struve aus Bad Homburg v.d.H., geboren am 14.Juli 1902 in Köln, zur Zeit in Untersuchungshaft,

3. den ehemaligen Kreisobersekretär Friedrich Jagst aus Burgdorf (Hannover), geboren am 15.Juni 1907 in Tilsit,

 

wegen Mordes.

 

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 24.August 1965 für Recht erkannt:

 

1. Die Revisionen der Angeklagten Dr. Scheu und Struve gegen das Urteil des Schwurgerichts in Aurich vom 26.Juni 1964 werden verworfen.

Jeder dieser Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels.

2. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil, soweit es die Angeklagten Dr. Scheu und Struve verurteilt, wie folgt geändert:

Der Angeklagte Dr. Scheu ist des gemeinschaftlichen Mordes an je einem Menschen in acht Fällen und an mindestens 212 Menschen in einem weiteren Fall, der Angeklagte Struve des gemeinschaftlichen Mordes an einem Menschen in einem Fall und an mindestens 219 Menschen in einem weiteren Fall schuldig;

beide Angeklagte werden zu lebenslangem Zuchthaus verurteilt.

Ihnen werden die bürgerlichen Ehrenrechte auf Lebenszeit aberkannt.

Die weitergehende Revision der Staatsanwaltschaft wird verworfen. Die Kosten dieser Revision fallen, soweit das Rechtsmittel verworfen wird, der Landeskasse, im übrigen den Angeklagten zur Last.

 

 

GRÜNDE

 

A. Die Revisionen der Angeklagten Dr. Scheu und Struve

 

sind unbegründet.

 

Die von der Revision des Angeklagten Dr. Scheu erhobene Rüge, dass die Feststellungen auf einem Verfahrensverstoss, insbesondere einem Verstoss gegen §261 StPO beruhen, ist unbegründet. Der gerügte Verstoss ist nicht erwiesen. Der Widerspruch zwischen dem Urteilsspruch, der die Angeklagten wegen gemeinschaftlicher Beihilfe zum Mord verurteilt, und den in den Urteilsgründen mitgeteilten Feststellungen, nach denen sie bei Anwendung des §358 Abs.1 StPO oder richtiger Anwendung des sachlichen Strafrechts als Mittäter beim Mord verurteilt werden müssen, beweist keinen solchen Verstoss. Er zeigt nur, dass das Schwurgericht aus den von ihm getroffenen Feststellungen nicht die richtigen rechtlichen Schlüsse gezogen hat. Es hat die rechtliche