Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam
Lfd.Nr.579a LG Aurich 26.06.1964 JuNSV Bd.XX S.357
Von dem Lager Wersmeningken haben die Zeugen Bal., Blis., Bu., Kam., Kuj., Christoph Pe., Sche. und Su. berichtet. Der Zeuge Bli. hat bekundet, die Juden hätten sich bei ihm häufig einen Trog zum Brotbacken ausgeborgt und bei dieser Gelegenheit darüber geklagt, dass Al. sie unverschämt geschlagen habe.
Über das Lager Schillwen haben die Zeugen Bei., Christoph Pe. und St., die sämtlich in Schillwen ansässig waren, nähere Einzelheiten berichtet.
Die Zeugen A., Bal., B., Ke. und Schl. haben den Einsatz der Juden bei der Torfarbeit in ihren Aussagen geschildert.
Der Zeuge Bu. hat vom Lager Russ, der Zeuge Sz. hat vom Lager Warruss berichtet. Über das Lager Kallwellischken haben die Zeugen A., B., Gu., Jog., K., N. und Pa. nähere Angaben gemacht.
Von dem Einsatz der Juden auf dem Gut Adlig-Heydekrug haben die Zeugen Gerke, Gu., Jog., Dr. Kn., Wal. und We. berichtet.
Das Judenlager auf der Ziegelei Hermannlöhlen wird von den Zeugen B., Bu., Jog., Ka., Dr. Kn., Lotte Pe., Schew., Schl. und Schm. erwähnt.
Es ist kaum vorstellbar, dass die Gestapo und der SD über die Zwangsverschleppung der Juden nach Heydekrug und über die Einrichtung und Unterhaltung der zahlreichen Arbeitslager nicht unterrichtet war, zumal sich der Arbeitseinsatz der Juden im Kreis Heydekrug auf einen Zeitraum von etwa zwei Jahren erstreckt. Trotzdem bekunden die Beamten der Stapo Tilsit und die Angehörigen des SD, die in diesem Verfahren als Zeugen gehört worden sind, mit einer Ausnahme sämtlich, dass sie hiervon keine zuverlässige Kenntnis gehabt hätten. Der Zeuge Böhme will zwar erfahren haben, dass der kommissarische Landrat Schm. sich Arbeitskräfte aus Litauen geholt habe, jedoch nicht gewusst haben, dass es sich dabei um Juden handelte. Auch die Zeugen Kreuzmann, Krumbach, Hersmann und Sakuth wollen von dem Einsatz jüdischer Arbeitskräfte im Kreis Heydekrug keine Kenntnis gehabt haben. Dagegen bekundet der Zeuge Harms, er habe wohl ein Judenlager bei Heydekrug gesehen, aber geglaubt, dass die Insassen deutsche Juden wären. Nur der Zeuge Gerke bekennt sich dazu, schon im Sommer oder Herbst 1941 erfahren zu haben, dass im Kreis Heydekrug Juden aus Litauen in Lagern untergebracht waren.
Für die Annahme, dass die Stapo Tilsit über die Existenz der Judenlager unterrichtet war und diese ausdrücklich oder stillschweigend duldete, sprechen auch die Einlassungen der Angeklagten Bastian, Jagst und Dr. Scheu und die Aussagen der Zeugen K. und Schm. Der Angeklagte Bastian will einen Bericht über die Ankunft der Juden nach Tilsit geschrieben und hierauf von dem Zeugen Böhme die Antwort erhalten haben, dass die Nebenstelle Heydekrug sich um die Judenlager nicht kümmern solle. Der Angeklagte Jagst gibt an, er habe von dem kommissarischen Landrat Schm. erfahren, die Genehmigung für die "Einfuhr" der Juden würde vom Grenzpolizeikommissariat Tilsit besorgt werden; ausserdem berichtet er von dem Besuch eines höheren SS-Führers aus Tilsit im Lager Jahnstrasse. Der Angeklagte Dr. Scheu will Namenslisten der Juden an die Stapo Tilsit geschickt haben. Der Zeuge K. berichtet von einem Ferngespräch zwischen dem kommissarischen Landrat Schm. und Böhme, in dem über die Auflösung oder den Fortbestand der Judenlager gesprochen worden sei. Der Zeuge Schm. meint, er könne sich zwar an ein solches Gespräch nicht erinnern, K. sei aber an sich zuverlässig. Er bekundet ferner, dass im Herbst 1941 zwei SS-Führer in grauer Uniform, die vermutlich dem SD angehörten, zu ihm gekommen seien und mit ihm über die Auflösung der Judenlager verhandelt hätten. Nach alledem ist es sehr wahrscheinlich, dass die Stapostelle Tilsit und der SD von dem Bestehen der Judenlager Kenntnis hatten.
Die Feststellung, dass die SS-Lagerverwaltung in regelmässigen Abständen Stärkemeldungen an das Arbeitsamt Memel - Nebenstelle Heydekrug - schickte, beruht auf der Einlassung des Angeklagten Dr. Scheu und der Aussage des Zeugen Sy.
Der Zeuge Dr. Ro. hat bekundet, er habe einmal den kommissarischen Landrat Schm. wegen der Einrichtung der Judenlager zur Rede gestellt. Dieser habe den Einsatz der Juden damit erklärt, dass die Fortsetzung der Bauarbeiten dringend gewesen wäre. Er, Dr. Ro., habe angenommen, dass die Gestapo die Juden dem Landrat unterstellt