Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam
Lfd.Nr.924 LG München II 12.05.2011 JuNSV Bd.XLIX S.355
Nikolai Malagon erwähnt in der Vernehmung am 2.Oktober 1979 einen "Demeduk Ivan" oder "Demedjuk Iwan", der im Februar 1943 im Lager Belzec gewesen sei, oder einen "Dem'anuk Ivan" (Demjanjuk Iwan), der im Lager Treblinka geblieben sei. Zu den ihm vorgelegten Tafeln mit Fotografien, wie bei der Vernehmung des Ignat Danilchenko beschrieben 205, erklärte er, dass unter den abgebildeten Personen nicht der von ihm genannte Demediuk oder Demjanjuk sei.
In einer Gesamtbetrachtung dieser Aussagen scheidet somit der Angeklagte als die Person "Iwan der Schreckliche" aus dem Vernichtungslager Treblinka aus. Es wäre nicht erklärbar, weshalb der Angeklagte trotz eines auf seinen korrekten Namen ausgestellten Personaldokuments in Treblinka allgemein unter dem Geburtsnamen seiner Mutter bekannt gewesen sein soll, während etwa Daniltschenko, Litwinenko und Nag. ihn unter seinem richtigen Namen kennengelernt haben. Ausserdem wichen auch die vereinzelten Personenbeschreibungen in den Vernehmungen von der Fotografie aus dem Dienstausweis ab; Hinweise auf eine Beförderung des Angeklagten zum Oberwachmann ergaben sich nicht, während die für Martschenko geschilderte Position als Oberwachmann mit seiner Funktion als Maschinist der Gaskammern in Treblinka ohne weiteres erklärbar ist.
Somit steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Angeklagte als im Ausbildungslager Trawniki ausgebildeter Trawniki-Wachmann im Tatzeitraum im Vernichtungslager Sobibor tätig war.
e) Rolle des Angeklagten in Sobibor
In Anbetracht der vielfältigen Schilderungen und Erkenntnisse über den Zweck und die Organisation des Vernichtungslagers Sobibor und die Rolle der dort tätigen Wachmänner besteht ferner kein Zweifel daran, dass der Angeklagte in seiner Funktion als Teil der Wachmannschaften einen konkret fördernden Beitrag zur Vernichtung der deportierten Menschen, die einziger Zweck des Vernichtungslagers Sobibor gewesen war, leistete.
Die Kammer ist davon überzeugt, dass der Angeklagte bei der Ankunft der festgestellten 15 Deportationszüge sowie dem Deportationstransport aus Izbica in seiner Funktion als Wachmann auf im Einzelnen nicht feststellbaren Posten, aber eingebunden in das Gesamtgefüge der Bewachungsorganisation Dienst tat und nicht etwa anderweitig eingesetzt oder sonst verblieben war.
Während Daniltschenko die Anwesenheit des Angeklagten im Vernichtungslager Sobibor bis zur Abkommandierung nach Flossenbürg (über Trawniki) ausdrücklich bestätigte, ergeben sich auch sonst keine Hinweise darauf, dass der Angeklagte in dem verfahrensgegenständlichen Zeitraum nicht oder nicht dauernd in Sobibor gewesen ist. Allein die nicht in dem Dienstausweis eingetragene Abordnung vom L.G. Okzow zum Konzentrationslager Lublin-Majdanek Ende 1942 / Anfang 1943 rechtfertigt einen solchen generellen Schluss auf nicht dokumentierte Versetzungen ohne weitere Hinweise nicht. Gerade diese Versetzung erscheint aufgrund der geografischen Gegebenheiten 206 als kurzfristige Massnahme ohne Weiteres plausibel, was beim Einsatz in einem Vernichtungslager wegen der dortigen Besonderheiten und dem Geheimhaltungsinteresse der deutschen Machthaber gerade nicht der Fall ist.
Die Kammer ist auch der Überzeugung, dass der Angeklagte bis September 1943 in Sobibor geblieben ist. Dafür spricht zum einen, dass Wachmänner, die über Trawniki in andere