Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam
Lfd.Nr.579a LG Aurich 26.06.1964 JuNSV Bd.XX S.352
zum Kartoffelroden eingesetzt; unter ihnen waren die Zeugen Glu., Hal. und Me.
Im Jahre 1942 wurden auch in Russ und Warruss Juden zur Arbeit eingesetzt. Die beiden Orte liegen im Delta des Russ-Stromes am Kurischen Haff und sind nicht weit voneinander entfernt.
Von den Juden in Russ arbeitete ein kleiner Teil in der Landwirtschaft unter der Aufsicht des Ortsbauernführers Schaak. Diese Juden waren in einem Gebäude im Ort untergebracht und wurden kaum bewacht. Die übrigen Juden wurden bei Deichbauarbeiten des Wasserbauamtes beschäftigt. Sie wohnten in ein oder zwei Wohnschiffen auf dem Russ-Strom und unterstanden der Aufsicht des Strommeisters Josuttis; die Bewachung erfolgte durch SS-Leute. Die jüdischen Zeugen Hal. und Glu. waren im Sommer 1942 vorübergehend in Russ eingesetzt, wurden aber später in das Lager Jahnstrasse in Heydekrug verlegt. Die Zeugen Dr., Gl., Arie Go., David Go., Jo. und Si. kamen im Laufe des Jahres 1942 ebenfalls nach Russ und blieben dort bis zum Abtransport der Juden im Jahre 1943.
Die Juden in Warruss waren in einem grossen Gebäude untergebracht und arbeiteten ebenfalls beim Deichbau. Die Arbeiten wurden im Winter offenbar unterbrochen. Die Zeugen Joseph Ar. und Me. waren im Sommer 1942 in Warruss beschäftigt.
Das Vorwerk Kallwellischken bei Heydekrug, auf dem früher Kriegsgefangene untergebracht waren, diente anfangs als Auffanglager für die aus dem litauischen Grenzraum herübergeholten Juden. Später - im Herbst 1941 oder erst im Laufe des Jahres 1942 - wurde hier ein festes Lager eingerichtet. Die Juden dieses Lagers arbeiteten an verschiedenen Stellen (Waldarbeiten, Strassenbau usw.); zum Teil wurden sie auch auf dem Gut von Dr. Scheu und auf der Ziegelei Hermannlöhlen beschäftigt.
Die Zeugen Joseph Ar. und Me. verbrachten in Kallwellischken den Winter 1942/1943. Der Angeklagte Dr. Scheu beschäftigte auf seinem Gut im Jahre 1941 wiederholt Juden, die er durch seine Gutsangestellten aus dem Lager Jahnstrasse oder aus dem Lager bei der Stadtverwaltung abholen und abends wieder in das Lager zurückbringen liess. Später - der Zeitpunkt lässt sich nicht genau feststellen - wurde eine kleine Gruppe von Juden auf dem Gutshof einquartiert. Diese Juden, unter denen sich der Zeuge J. befand, arbeiteten auf dem Gutshof, auf den Feldern und in der Gärtnerei. Sie wurden von dem Gutsverwalter Jog. (Zeuge) und dem Gutsgärtner Wal. (Zeuge) beaufsichtigt; Wachmänner waren auf dem Gutshof nicht beschäftigt. Die Juden blieben bis zum Abtransport im Sommer 1943 auf dem Gutshof.
Die Ziegelei Hermannlöhlen, die dem Angeklagten Dr. Scheu gehörte, hatte bis 1942 stillgelegen, wurde aber dann wieder in Betrieb genommen. Hier wurde im Laufe des Jahres 1942 ebenfalls ein Judenlager eingerichtet. Die Juden arbeiteten sowohl in der Ziegelei als auch in der Landwirtschaft und im Wald. Der Ziegelmeister (bis November 1942 Petereit) und der Vorarbeiter Kaufmann beaufsichtigten die Arbeiten. Die Bewachung der Juden oblag dem Schachtmeister Gorgel und einem SA-Mann. Die jüdischen Zeugen Joseph Ar. und Y. kamen im Sommer 1942 nach Hermannlöhlen; während Ar. im Herbst nach Kallwellischken verlegt wurde, blieb Y. bis zum Abtransport der Juden im Sommer 1943 in Hermannlöhlen.
Eine kleine Gruppe von Juden kam im Sommer oder Herbst 1942 nach Kinten. Die Leute arbeiteten in einer Molkerei und wurden kaum bewacht. Hier waren u.a. die Zeugen L. und Ne. längere Zeit beschäftigt. L. bekam im März 1943 eine Arbeitsstelle in der Landwirtschaft, Ne. blieb bis zum Abtransport der Juden im Sommer 1943 in Kinten.
Die Behandlung der Juden in den Arbeitslagern war - zumindest im ersten Jahr - denkbar schlecht; besonders schlimm war es in Matzstubbern/Ullosen, Schillwen und Wersmeningken. Die Juden waren im Lager und an den Arbeitsstellen vielfachen Schikanen, Demütigungen und Misshandlungen durch die Wachmannschaften ausgesetzt, obwohl es auch Wachleute gab, welche die Juden menschlich behandelten (z.B. den Zeugen Lu.). An die Arbeitskraft der Juden wurden hohe Anforderungen gestellt; häufig wurde in der kargen Freizeit noch "Sport" getrieben. In manchen Lagern wurden fast täglich Prügelstrafen verhängt und auf grausame Art vollzogen. Die Opfer mussten sich bücken und erhielten mit einem Stock, einem Ochsenziemer oder einem Gummiknüppel 10, 15, 25 oder noch mehr Schläge auf das Gesäss. Diese Prügelstrafen wurden sowohl