Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam
Lfd.Nr.579a LG Aurich 26.06.1964 JuNSV Bd.XX S.350
die bei der Stadtverwaltung beschäftigten Juden wurden diese Angelegenheiten wohl von der Stadt Heydekrug selbständig erledigt. Wer in dieser Zeit den Einsatz der Wachmänner bestimmte und die Aufsicht über die Lager führte, ist nicht bekannt; möglicherweise machten das ebenfalls das Landratsamt und die Stadtverwaltung, vielleicht auch Dr. Scheu.
Spätestens im Oktober/November 1941 übernahm der Angeklagte Dr. Scheu mit Billigung oder sogar auf Aufforderung des Angeklagten Struve die Aufsicht und die Verwaltung der Arbeitslager. Er richtete auf seinem Gut Adlig-Heydekrug die "SS-Lagerverwaltung 2/R 20" ein und beauftragte den Schachtmeister Buttgereit, sämtliche Lager zu leiten und zu überwachen. Einer seiner Gutsangestellten besorgte die Buchführung für die Lagerkasse. Die SS-Lagerverwaltung regelte den Arbeitseinsatz und sorgte für die Unterbringung und Verpflegung der Juden; sie bezog hierfür Juden-Lebensmittelkarten vom Landratsamt. Die Unternehmer und Behörden, die jüdischen Arbeitskräfte beschäftigten, zahlten für jeden Mann einen bestimmten Betrag in die Lagerkasse. Die Lagerverwaltung bezahlte hiervon die Löhne für die Wachmannschaften und die Verpflegung der Juden. Der Überschuss wurde nach Auflösung der Judenlager an den Fürsorgefonds der SS überwiesen.
In der Stadt Heydekrug gab es ein Judenlager an der Jahnstrasse und ein weiteres Judenlager auf dem Hinterhof der Bürgermeisterei, das später in die Markthalle verlegt wurde.
Das Lager Jahnstrasse lag in der Nähe des Flusses Sziesze und des Rabenwaldes und bestand aus einer grösseren Baracke, in der früher französische Kriegsgefangene untergebracht waren. Es diente als eine Art Stammlager und als Durchgangslager für Arbeitsgruppen, die in ein anderes Lager oder an eine andere Arbeitsstelle verlegt wurden. Die Stammbelegschaft wurde überwiegend im Sommer zur Flussregulierung der Sziesze und im Winter zu Waldarbeiten eingesetzt, aber auch für andere Arbeiten (z.B. auf dem Gut von Dr. Scheu) verwendet. Die Aufsicht über dieses Lager hatte anfangs vermutlich der Angeklagte Jagst. In den ersten Wochen nach der Ankunft der Juden waren hier die Oberschüler Pr. und Balt. (in SS-Uniform) und Kurt Ba. (in HJ-Uniform) als Wachmänner beschäftigt; später war dort ein älterer SA-Mann namens Szirnicks als Wachmann eingesetzt. Von Frühjahr 1942 bis zu seiner Einberufung im Juli 1942 war der Angeklagte Al. Lagerführer im Lager Jahnstrasse; danach wurde der Schachtmeister Buttgereit Lagerführer.
Das Lager bestand bis zum Abtransport der Juden im Sommer 1943. Die jüdischen Zeugen J., Ne. und Y. waren hier in den ersten Monaten nach ihrer Festnahme, die Zeugen Glu., La. und Me. vorübergehend im Sommer 1942 und die Zeugen Glu., Hal. und Sh. von Herbst 1942 bis Sommer 1943 untergebracht.
Das Lager auf dem Hinterhof des Bürgermeisteramtes bestand ebenfalls aus einer Baracke. Hier waren die bei der Stadtverwaltung beschäftigten Juden untergebracht. Sie wurden zu Arbeiten auf dem Sportplatz, in der städtischen Gärtnerei, auf dem Stadtgut Heydekrug-Matzicken und zur Reinigung der Strassen und Parkanlagen eingesetzt. Anfangs bestimmte der Bürgermeister, der Zeuge We., selbst den Arbeitseinsatz der Juden bis er im Herbst 1941 zur Wehrmacht einberufen wurde. In diesem Lager befanden sich der jüdische Zeuge Dr. während der ersten drei Wochen nach seiner Festnahme und der Zeuge La. von der Festnahme bis etwa Oktober 1941. Später wurden die Juden, die bei der Stadtverwaltung beschäftigt waren, in die Markthalle verlegt.
Die Mehrzahl der jüdischen Zwangsarbeiter wurde auf verschiedenen Baustellen ausserhalb der Stadt Heydekrug beschäftigt:
In Tennetal (früherer Name: Ramutten) wurden im Sommer 1941 etwa 20 bis 30 Juden bei Dränagearbeiten eingesetzt. Die jüdischen Zeugen Arie Go. und David Go. waren hier - allerdings nur ein paar Tage - beschäftigt. Der Angeklagte Al. war nach seiner Einberufung zum Wachdienst der SS mehrere Tage als Lagerführer in Tennetal tätig.
In Matzstubbern und Ullosen, zwei benachbarten Ortschaften südlich von Coadjuthen, wurden etwa 100 jüdische Zwangsarbeiter beim Bau eines Entwässerungskanals verwendet. Im Winter mussten sie den Schnee von den Landstrassen räumen und auf der