Justiz und NS-Verbrechen Bd.XXXVI

Verfahren Nr.758 - 767 (1971 - 1972)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.758 LG Kiel 02.08.1971 JuNSV Bd.XXXVI S.5

 

Lfd.Nr.758    LG Kiel    02.08.1971    JuNSV Bd.XXXVI S.35

 

3.241 Gauleiter Stürtz

 

Aus dem Vermerk geht hervor, dass eine Anordnung des Reichsverteidigungskommissars, Gauleiter Stürtz, für die Anstalten des Bezirks des Generalstaatsanwalts beim Kammergericht zur Auslagerung von Gefangenen bestanden haben soll. Eine solche Anordnung, die urkundlich nicht überliefert ist, konnte der Reichsverteidigungskommissar nach den damaligen Kompetenzabgrenzungen auch tatsächlich geben. Nach dem Zweiten Erlass des Führers über die Befehlsgewalt in einem Operationsgebiet innerhalb des Reiches vom 20.September 1944 übte der Reichsverteidigungskommissar für das Operationsgebiet die vollziehende Gewalt aus. In diesem Erlass (Anlage zum Protokoll vom 18.5.1971) heisst es u.a.:

 

"Unter Aufhebung meines Erlasses über die Befehlsgewalt in einem Operationsgebiet innerhalb des Reiches vom 13.7.1944 ordne ich für den Fall eines Vordringens feindlicher Kräfte auf deutsches Reichsgebiet folgendes an:

 

I.

Die zivile Verwaltung bleibt im Operationsgebiet in vollem Umfange bestehen. Die zivilen Dienststellen des Staates und der Gemeinden setzen ihre Tätigkeit fort.

 

II.

Der Reichsverteidigungskommissar für das Operationsgebiet wird von mir bestellt.

 

III.

1. Der Reichsverteidigungskommissar für das Operationsgebiet übt die vollziehende Gewalt aus. Die reichseinheitliche Ausrichtung aller nach diesem Erlass von dem Reichsverteidigungskommissar zu treffenden Massnahmen obliegt nach meinem allgemeinen Richtlinien dem Reichsführer SS Heinrich Himmler.

...

3. In den unmittelbaren Kampfzonen, deren Begrenzung der militärische Oberbefehlshaber im Benehmen mit dem Reichsverteidigungskommissar für das Operationsgebiet bestimmt, sind die oberen militärischen Kommandobehörden befugt, zivilen Dienststellen des Staates und der Gemeinden unmittelbar diejenigen Weisungen zu geben, die zur Durchführung ihres Kampfauftrages jeweils erforderlich sind.

 

IV.

1. In Ausübung der vollziehenden Gewalt kann der Reichsverteidigungskommissar für das Operationsgebiet

1) alle infolge der feindlichen Bedrohung erforderlich werdenden Massnahmen treffen,

2) sämtlichen Dienststellen des Staates und der Gemeinden Weisungen erteilen,

3) Rechtsvorschriften erlassen.

2. Der Reichsverteidigungskommissar für das Operationsgebiet bedient sich in Angelegenheit der Polizei des zuständigen höheren SS- und Polizeiführers, ..."

 

Dieser Erlass vom 20.9.1944 ist von Adolf Hitler, Dr. Lammers als Reichsminister und Chef der Reichskanzlei und von Keitel als Chef des Oberkommandos der Wehrmacht unterzeichnet.

 

Es muss als sicher gelten, dass das Gebiet um Sonnenburg am 30.1.1945 bereits zum Operationsgebiet erklärt worden war, andererseits aber noch nicht zur "unmittelbaren Kampfzone"