Justiz und NS-Verbrechen Bd.XX

Verfahren Nr.569 - 589 (1964 - 1965)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.579a LG Aurich 26.06.1964 JuNSV Bd.XX S.281

 

Lfd.Nr.579a    LG Aurich    26.06.1964    JuNSV Bd.XX S.339

 

so ist die Strafe lebenslanges Zuchthaus."

§212 StGB:

"Wer einen Menschen vorsätzlich tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit lebenslangem Zuchthaus oder mit Zuchthaus nicht unter fünf Jahren bestraft."

Durch Artikel 102 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland vom 23.Mai 1949 ist die Todesstrafe abgeschafft worden.

Der Abschaffung der Todesstrafe durch das Grundgesetz hat das Dritte Strafrechtsänderungsgesetz vom 4.August 1953 (BGBl. I S.735) die Strafvorschriften der §§211 und 212 StGB angepasst.

§211 Abs.1 StGB hat die Fassung erhalten:

"Der Mörder wird mit lebenslangem Zuchthaus bestraft."

Der dritte Absatz des §211 ist gestrichen worden.

In §212 StGB sind die Worte "mit lebenslangem Zuchthaus oder" gestrichen worden und als Absatz 2 die Vorschrift eingefügt worden:

"In besonders schweren Fällen ist auf lebenslanges Zuchthaus zu erkennen."

Nach dem Grundsatz des §2 Abs.2 StGB ist der den Gegenstand dieses Verfahrens bildende Sachverhalt darauf nachzuprüfen, ob sowohl die Tatbestandsmerkmale des §211 StGB alter Fassung (a.F.) als auch die des §211 StGB neuer Fassung (n.F.) erfüllt sind. Sind nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung die gesetzlichen Tatbestände beider Fassungen des §211 StGB erfüllt, so hat die Bestrafung nach §211 n.F. zu erfolgen, da hier nicht mehr die Todesstrafe, sondern lebenslanges Zuchthaus als Höchststrafe angedroht ist.

 

Die zur Tatzeit gültige gesetzliche Bestimmung über die Beihilfe war in §49 StGB enthalten, der damals folgenden Wortlaut hatte:

"(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer dem Täter zur Begehung des Verbrechens oder Vergehens durch Rat oder Tat wissentlich Hilfe geleistet hat.

(2) Die Strafe des Gehilfen ist nach demjenigen Gesetz festzusetzen, welches auf die Handlung Anwendung findet, zu welcher er wissentlich Hilfe geleistet hat, jedoch nach den über die Bestrafung des Versuches aufgestellten Grundsätzen zu ermässigen."

In Ergänzung hierzu bestimmte §4 der Verordnung gegen Gewaltverbrecher vom 5.Dezember 1939 (RGBl. I S.2378):

"Für den strafbaren Versuch eines Verbrechens oder Vergehens oder für die Beihilfe dazu ist allgemein die Strafe zulässig, die für die vollendete Tat vorgesehen ist."

Durch Artikel 2 der Strafrechtsangleichungsverordnung vom 29.Mai 1943 (RGBl. I S.341) ist die strenge Akzessorietät der Beihilfe gelockert und die in §4 der Gewaltverbrecherverordnung bestimmte Höchststrafe des Gehilfen in die Vorschrift des §49 StGB eingearbeitet worden. Die Vorschrift hat seitdem folgenden Wortlaut:

(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer dem Täter zur Begehung einer als Verbrechen oder Vergehen mit Strafe bedrohten Handlung durch Rat oder Tat wissentlich Hilfe geleistet hat.

(2) Die Strafe des Gehilfen ist nach demjenigen Gesetz festzusetzen, welches auf die Handlung Anwendung findet, zu welcher er wissentlich Hilfe geleistet hat, kann jedoch nach den über die Bestrafung des Versuches aufgestellten Grundsätzen ermässigt werden."

Danach setzt die Beihilfe nur noch eine vorsätzliche tatbestandsmässige und rechtswidrige Haupttat voraus, die im Gegensatz zu der früheren Regelung nicht mehr schuldhaft begangen zu sein braucht (sogenannte limitierte Akzessorietät).

 

Der Strafrahmen hat sich durch die Einarbeitung des §4 der Gewaltverbrecherverordnung nicht geändert. Deshalb ist im vorliegenden Falle §49 StGB a.F. in Verbindung mit §4 der Gewaltverbrecherverordnung als das mildeste Gesetz anzuwenden.

Die Allgemeine Anweisung der westlichen Militärregierungen an Richter Nr.1 (AAR) bestimmte in Ziffer 8b, dass die Gerichte in allen Fällen, in denen auf Grund eines