Justiz und NS-Verbrechen Bd.XLIX

Verfahren Nr.920 - 924 (2002 - 2012), 880 (Erratum), 950 - 959 (1945 - 1960; Nachtragsverfahren)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.924 LG München II 12.05.2011 JuNSV Bd.XLIX S.227

 

Lfd.Nr.924    LG München II    12.05.2011    JuNSV Bd.XLIX S.338

 

Bei einer Wahllichtbildvorlage am 22.November 1979 erkannte Daniltschenko auf allen drei Tafeln jeweils das Lichtbild des Iwan Demjanjuk wieder. Auf der ersten Tafel befanden sich drei Portraitaufnahmen von jungen Männern jeweils in Uniform mit Dienstmütze, auf Tafel 2 ebenfalls Portraitbilder von drei jungen Männern in Uniform, aber ohne Kopfbedeckung, wobei sich unter diesen Aufnahmen diejenige aus dem Dienstausweis des Angeklagten befand. Die dritte Tafel zeigte drei Portraitaufnahmen von Männern mittleren Alters, jeweils gekleidet mit Anzug und Krawatte. Das Protokoll deutet darauf hin, dass jegliche Einflussnahme im Hinblick auf das Erkennen eines bestimmten Bildes vermieden werden sollte.

 

Weitere Zeugenaussagen, welche die Anwesenheit des Angeklagten im Vernichtungslager Sobibor bestätigen, existieren nicht. Daniltschenkos Vernehmungen werden jedoch inhaltlich ansonsten durch weitere eingeführte Aussagen solcher Wachmänner, die von ihm benannt worden sind, bekräftigt, was insgesamt auf eine inhaltliche Richtigkeit seiner Angaben hindeutet.

 

Der Inhalt der Transportliste für den 1.Dezember 1944 nach Saal bei Regensburg 175 steht mit der Aussage Daniltschenkos, er sei zusammen mit dem Angeklagten nach Regensburg geschickt worden, nicht im Widerspruch, weil es sich hierbei nicht um eine Versetzungsanordnung ("Übergabeverhandlung") handelt, sondern um die Einteilung für einen Transport von Arbeitshäftlingen, von denen es insgesamt eine Vielzahl gegeben hat.

 

b) Nikolai Gontscharenko

 

So berichtete etwa Nikolai Gontscharenko in der Vernehmung vom 4.Mai 1949 176 bei den sowjetischen Behörden davon, dass er ebenfalls bei Kertsch im Mai 1942 gefangen genommen und sodann im Juni 1942 im Kriegsgefangenenlager Rowno für den SS-Dienst in Trawniki angeworben worden sei. An diesem Tag seien etwa 100 Männer ausgewählt worden. In Trawniki habe man dann eine Ausbildung durchlaufen, die Gontscharenko im Einzelnen darstellte. Er selbst sei im Herbst 1942 zur Bewachung des Lagers Treblinka abkommandiert gewesen.

 

In der Vernehmung vom 1.Juni 1949 bestätigte Gontscharenko, dass er Ende März 1943 in das Vernichtungslager Sobibor versetzt worden sei, was wiederum mit dem Eintrag unter der laufenden Nummer 83 in der "Übergabeverhandlung" vom 26.März 1943 korrespondiert.

 

In der Vernehmung vom 9.Mai 1949, fortgesetzt am 30.Juni 1949 benannte Gontscharenko insgesamt 66 Personen namentlich, die mit ihm zusammen an seinen verschiedenen Einsatzorten als weitere Wachmänner tätig gewesen seien und beschrieb deren Einsatz jeweils in kurzen Worten, wobei er auch immer eine Personenbeschreibung mit abgab. Eine namentliche Erwähnung des Angeklagten oder Daniltschenkos erfolgt hierbei nicht.

 

c) Iwan Iwtschenko

 

Der von Daniltschenko namentlich benannte Iwan Iwchenko gab bereits in seiner ersten Vernehmung vor den russischen Behörden am 27.Juni 1947 und bei einer weiteren Vernehmung im Rahmen eines Rechtshilfeersuchens am 18.September 1979 an, dass er bereits im Herbst 1941 in Kriegsgefangenschaft geraten und Anfang des Jahres 1942 nach Trawniki zur

 

175 Siehe oben C VIII 3 c Seite 330.

176 Zu Aussagen des Nikolaj Gontscharenko siehe auch oben C III 2 c bb Seite 275 und C IV 2 d ee Seite 303; zur abweichenden Schreibweise in der Übergabeverhandlung vom 26.03.1943 siehe C VIII 2 c bb (7) Seite 327.