Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam
Lfd.Nr.579a LG Aurich 26.06.1964 JuNSV Bd.XX S.338
des Grundgesetzes) greift insoweit nicht ein (vgl. OLG Frankfurt, NJW 1949 S.678; BGHSt. Bd.3 S.110 ff. (113)).
bb. Geltungsbereich des deutschen Strafrechts
Da Dr. Scheu und Struve die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, ist auf ihre im ehemaligen Litauen, also im Ausland, begangenen Taten gemäss §3 StGB in der Fassung der Verordnung vom 6.Mai 1940 (RGBl. I S.754) das deutsche Strafrecht anzuwenden. Denn nach dieser Vorschrift, die durch das Dritte Strafrechtsänderungsgesetz vom 4.August 1953 (BGBl. I S.735) nur unwesentlich geändert worden ist, gilt das deutsche Strafrecht für die Tat eines deutschen Staatsangehörigen, einerlei, ob er sie im Inland oder im Ausland begeht. Nur wenn die im Ausland begangene Tat nach dem Recht des Tatortes nicht mit Strafe bedroht ist, gilt das deutsche Strafrecht nicht, wenn die Tat wegen der besonderen Verhältnisse am Tatort kein strafwürdiges Unrecht ist. Da es sich hier aber um das Verbrechen des Mordes oder der Beihilfe zum Mord handelt, das auch im ehemaligen Litauen mit Strafe bedroht ist, ist das deutsche Strafrecht auf die von den Angeklagten begangenen Taten anzuwenden.
cc. Zeitliche Geltung der Strafgesetze
Seit der Tatzeit sind verschiedene der in Frage kommenden gesetzlichen Strafbestimmungen geändert worden.
Gemäss §2 Abs.2 StGB i.d.F. des Dritten Strafrechtsänderungsgesetzes vom 4.August 1953 (BGBl. I S.735) bestimmt sich die Strafe nach dem Gesetz, das zur Zeit der Tat gilt. Bei Verschiedenheit der Gesetze von der Zeit der begangenen Handlung bis zu deren Aburteilung ist das mildeste Gesetz anzuwenden.
Welches Gesetz das mildeste ist, entscheidet sich nicht nach der abstrakten Strafandrohung, sondern danach, welche Regelung für den Einzelfall nach seinen besonderen Umständen die mildere Beurteilung zulässt. Ist der gesetzliche Tatbestand sowohl der älteren als auch der neuen Fassung durchweg erfüllt und die gesetzliche Strafdrohung dieselbe geblieben, so darf nur das ältere Gesetz, das zur Tatzeit galt, angewendet werden (vgl. BGH LM Nr.2 zu §200 StGB).
Die Gesetzestexte des §211 StGB (Mord) und des §212 StGB (Totschlag) sind durch das Gesetz zur Änderung des Reichsstrafgesetzbuches vom 4.September 1941 (RGBl. I S.549) mit Wirkung vom 15.September 1941 neu gefasst worden. Bis dahin war beim Mordtatbestand im Gegensatz zum Tatbestand des Totschlages ein Handeln mit Überlegung verlangt worden, während jetzt die sittliche Bewertung entscheidet und eine besondere Verwerflichkeit im Sinne des §211 Abs.2 StGB vorliegen muss.
Zur Tatzeit lauteten diese Bestimmungen folgendermassen:
§211 StGB:
"Wer vorsätzlich einen Menschen tötet, wird, wenn er die Tötung mit Überlegung ausgeführt hat, wegen Mordes mit dem Tode bestraft."
§212 StGB:
"Wer vorsätzlich einen Menschen tötet, wird, wenn er die Tötung nicht mit Überlegung ausgeführt hat, wegen Totschlages mit Zuchthaus nicht unter fünf Jahren bestraft."
Durch das Gesetz zur Änderung des Reichsstrafgesetzbuches vom 4.September 1941 (RGBl. I S.549) erhielten die Strafvorschriften über Mord und Totschlag folgende Fassungen:
§211 StGB:
"(1) Der Mörder wird mit dem Tode bestraft.
(2) Mörder ist, wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebes, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken, einen Menschen tötet.
(3) Ist in besonderen Ausnahmefällen die Todesstrafe nicht angemessen,