Justiz und NS-Verbrechen Bd.XLIX

Verfahren Nr.920 - 924 (2002 - 2012), 880 (Erratum), 950 - 959 (1945 - 1960; Nachtragsverfahren)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.924 LG München II 12.05.2011 JuNSV Bd.XLIX S.227

 

Lfd.Nr.924    LG München II    12.05.2011    JuNSV Bd.XLIX S.333

 

- 3443 (Wlodymir Szkurhan),

- 1926 (Mykola Bondarenko),

- 847 (Iwan Juchnowskij) und

- 1211 (Iwan Wolembachow),

ferner die "Übergabeverhandlungen"

- an das "SS-Sonderkommando Sobibor" vom 26.März 1943,

- an das Konzentrationslager Flossenbürg vom 1.Oktober 1943,

- an das SS-Totenkopfwachbataillon Sachsenhausen vom 20.November 1943 und

- an das "SS-Arbeitslager Belzec" vom 27.März 1943

sowie das Waffenbuch "Waffen- und Gerätenachweis I" aus Flossenbürg.

 

Ferner seien Gegenstand der Untersuchung auch gewesen die beiden handgeschriebenen Mitteilungen vom 20.Januar 1943, jeweils betreffend eine Meldung der Schutzhundestaffel, wobei sich eines dieser Schreiben in einem litauischen Archiv und das andere in einem polnischen Archiv befunden habe, zudem zwei Originalschreiben vom 24.Juni 1944 und vom 23.Juni 1943 und ein zweiseitiges Dokument vom 9.August 1943.

 

Unter seiner Leitung habe sein inzwischen verstorbener Mitarbeiter Tom Smith zur Analyse der Schreibmaschinenaufdrucke diese Dokumente, sofern maschinenschriftlich verfasst, und eine Vielzahl von weiteren Originalschriftstücken untersucht, darunter diverse "Übergabeverhandlungen" sowie die Diensteinteilung vom 3.Oktober 1944 und die undatierte Liste von 117 Wachmännern aus dem Bundesarchiv in Berlin. Dabei habe die Analyse der Schreibmaschinenschrift nach Auswertung der beim United States Secret Service vorhandenen Schreibmaschinen-Standardkartei mit nahezu 8500 verschiedenen Mustern für über 500 verschiedene Schreibmaschinentypen ergeben, dass die jeweiligen Schriftarten den in den frühen vierziger Jahren gebräuchlichen Olympia-Schreibmaschinen entsprochen hätten und sich daher die untersuchten Dokumente ohne weiteres der Zeit von 1942 bis 1945 zuordnen liessen, wobei sich unter dem Aspekt der Schreibmaschinenschriftanalyse keine Hinweise auf Fälschungen ergeben hätten. Dies deckt sich mit den Darlegungen des Sachverständigen Dr. Dal. 172.

 

Im Übrigen habe er, der Sachverständige Stw., die von ihm analysierten Dokumente mikroskopisch unter dem Einfluss verschiedener Lichtarten (Faseroptiklicht, ultraviolettes Licht und Infrarotlicht) begutachtet. Es hätten sich verschiedene Druckverfahren, teilweise in Kombination, feststellen lassen, nämlich Offsetlithographie, ein Schablonenumdruckverfahren, Schreibmaschinenschrift und Stempelabdrücke; ferner seien Füllfederhalterschrift und Bleistifteintragungen zu finden gewesen.

 

Das jeweils verwendete Papier entspreche vom Aussehen her Dokumenten aus der Zeit um 1940, was sich auch durch Testverfahren belegen habe lassen. Das Papier habe eine spröde Konsistenz gehabt, was für alte Dokumente typisch sei und von natürlichem Wasserverlust herrühre. Anhaltspunkte für einen chemisch induzierten künstlichen Alterungseindruck habe es nicht gegeben. Solche Einwirkungen, etwa durch Kaffee, Tee oder Chemikalien liessen sich durch mikroskopische Untersuchungen und Beleuchtungstests feststellen; unter diesem Aspekt sei die Untersuchung jedoch negativ verlaufen. Auf dem Papier der beiden handschriftlichen Meldungen vom 20.Januar 1943 sei das Wasserzeichenwort "Standard" in übereinstimmender Grösse und Gestaltung festzustellen gewesen; ein Abgleich mit der Wasserzeichensammlung des United States Secret Service, die einen Bestand von über 23000 Wasserzeichen habe, habe ergeben, dass die beiden Wasserzeichen von mindestens drei verschiedenen Papierproduktionsunternehmen verwendet worden seien, welche auch bereits zur damaligen Zeit im Betrieb gewesen seien.

 

172 Siehe oben C VIII 1 c Seite 319 f.