Justiz und NS-Verbrechen Bd.XLIX

Verfahren Nr.920 - 924 (2002 - 2012), 880 (Erratum), 950 - 959 (1945 - 1960; Nachtragsverfahren)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.924 LG München II 12.05.2011 JuNSV Bd.XLIX S.227

 

Lfd.Nr.924    LG München II    12.05.2011    JuNSV Bd.XLIX S.319

 

Der Sachverständige Stw. erläuterte in diesem Zusammenhang, dass er bei mehreren Originalvergleichsdokumenten, also Originaldienstausweisen anderer Wachmänner, bei denen zum Zeitpunkt der Untersuchung jeweils kein Foto mehr enthalten gewesen sei, eine Untersuchung des dort jeweils aufgebrachten Klebstoffs durchgeführt habe und hierbei eine mindere Klebstoffqualität festzustellen gewesen sei, die es ohne weiteres plausibel erscheinen lasse, dass die aufgebrachten Fotos jeweils auch ohne gezielte Einwirkung zu irgendeinem Zeitpunkt abgefallen sein können.

 

Die Ausführungen des Sachverständigen Stw., die auch noch weitere urkundentechnische Aspekte umfassten 154, waren jeweils in allen Bereichen ersichtlich von Sachkunde getragen. Der Sachverständige erklärte zu seiner beruflichen Erfahrung, dass er nach seinem Studium an der technischen Universität in Florida im August 1979 den universitären Abschluss des "Bachelor of Science" für forensische Wissenschaften mit den Nebenfächern Chemie und Biologie und im Juni 1983 den weiteren Universitätsabschluss des "Master" für forensische Wissenschaften erworben habe. Seit Anfang der achtziger Jahre sei er für den United States Secret Service tätig gewesen und habe dort zunächst schriftvergleichende Expertisen und Fälschungsanalysen erstellt. Er habe verschiedene Analyseabteilungen geleitet und sei als nationaler Sachverständiger für den United States Secret Service aufgetreten. Zuletzt sei er dort Laborleiter gewesen.

 

Der Sachverständige erläuterte weiter, dass er im Zusammenhang mit den gegen den Angeklagten in den Vereinigten Staaten geführten Prozessen selbst 22 Dokumente aus verschiedenen Archiven urkundentechnisch untersucht habe 155. Sein damaliger, inzwischen verstorbener Mitarbeiter Tom Smith habe unter seiner Leitung spezielle Untersuchungen zu Schreibmaschinenschriften an diesen und weiteren Originaldokumenten durchgeführt, über die er, Stw. ebenfalls aus eigener Anschauung berichten könne.

 

Bei sämtlichen Ausführungen zeigte der Sachverständige fundierte wissenschaftliche Kenntnisse, die er jeweils im Einzelnen nachvollziehbar und anschaulich erläuterte. Hierbei setzte er sich mit Nachfragen und Vorhalten zu einzelnen Details der von ihm untersuchten Dokumente und den jeweiligen Untersuchungsergebnissen differenziert auseinander und erläuterte auch auf kritische Fragen ruhig und sachlich seine Analyseergebnisse.

 

Insgesamt waren seine Ausführungen zu den urkundentechnischen Aspekten in allen Belangen tragfähig und konnten der Entscheidungsfindung zugrunde gelegt werden.

 

Der Sachverständige hat auch Löcher in der Fotografie untersucht, die wie von einem Hefter hinterlassene Löcher aussehen. Über die Herkunft konnte der Sachverständige keine Angaben machen. Rückschlüsse auf einen Geschehensablauf, der auf eine Fälschung hindeute, seien - so der Sachverständige - nicht möglich.

 

c) Urkundentechnische Untersuchung, Sachverständiger Dr. Dal.

 

Für die Echtheit des Dienstausweises Nummer 1393 spricht auch das Gutachten des urkundentechnischen Sachverständigen Dr. Dal. vom Bayerischen Landeskriminalamt, der das Original des Ausweisdokuments urkundentechnisch mit drei weiteren Originaldokumenten, nämlich den Dienstausweisen für Iwan Juchnowskij (Nummer 847), Iwan Wolembachow (Nummer 1211) und Mykola Bondarenko (Nummer 1926) verglichen hat.

 

154 Siehe unten C VIII 4 Seite 332 ff.

155 Siehe unten C VIII 4 Seite 332 f. im einzelnen.