Justiz und NS-Verbrechen Bd.XLIX

Verfahren Nr.920 - 924 (2002 - 2012), 880 (Erratum), 950 - 959 (1945 - 1960; Nachtragsverfahren)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.924 LG München II 12.05.2011 JuNSV Bd.XLIX S.227

 

Lfd.Nr.924    LG München II    12.05.2011    JuNSV Bd.XLIX S.317

 

Jahre 1941, ausgestellt auf die Personalien "Demjanjuk Iwan", das Bild aus dem Führerschein Listennummer 98985355/II, ausgestellt am 14.Oktober 1947 in Landshut auf den Namen "Demjanjuk Iwan", ein Bild aus dem Visaantrag Nr.I1272219 vom 27.Dezember 1951 des "Demjanjuk Iwan", ein Bild aus der Einbürgerungsbescheinigung Nr.7997497 vom 14.November 1958, registriert unter dem Namen "Demjanjuk, John", die Ausschnittsvergrösserung aus einem Hochzeitsbild von 1947 des Angeklagten, die Reproduktion des Fotos des Angeklagten aus einer Zeitungsveröffentlichung von 1983 und ein Foto mit der Bezeichnung "Demjanjuk, Iwan 'John'" mit dem Geburtsdatum 3.April 1920 während der Inhaftierung in Israel gehandelt.

 

Ein zunächst allgemein gehaltener Vergleich der sieben Vergleichsbilder untereinander und sodann mit dem zu vergleichenden Ausgangsbild habe aufgrund des optischen Eindrucks hinsichtlich der Gesichtsumrissform sowie der Augen-, Nasen-, Mund- und Kinnpartie einschliesslich der Ohren und der Wangenpartie Übereinstimmungen ergeben, die einen weiteren Detailvergleich gerechtfertigt hätten.

 

Bei diesem Vergleich würden insgesamt 24 verschiedene Gesichtsmerkmale analysiert und beschrieben, um anhand dieses für jedes Bild gesondert zu erstellenden Kataloges eine vergleichende Aussage treffen zu können. Ferner seien die Teilvergleiche auch mittels der sog. "Trickbilddifferenzmethode" durchgeführt worden, bei der zunächst die Vergleichsbilder auf dieselbe Grösse gebracht und anschliessend die linke Gesichtshälfte von einem Bild und die rechte Gesichtshälfte von einem Vergleichsbild zu einem einheitlichen Foto montiert werden. Während sich dies heute mittels EDV problemlos bewerkstelligen lasse, habe man seinerzeit auf Videokameras und Filmmischgeräte zurückgreifen müssen, wobei die Ergebnisse auch nach heutigem Standard gleichermassen aussagekräftig seien. Anhand dieser Fotomontagen lasse sich wiederum die Übereinstimmung speziell der Gesichtsumrissform, der Nasen-Lippen-Partie und des Unterkieferkinnabschnittes vergleichend bewerten.

 

Bei sämtlichen Vergleichsmethoden habe sich gezeigt, dass die Person auf dem zu vergleichenden Bild aus dem Dienstausweis mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit personenidentisch mit der auf den sieben Vergleichsbildern abgebildeten Person sei. Innerhalb des Spektrums von Wahrscheinlichkeitsaussagen sei der Wahrscheinlichkeitsgrad nur noch bei der Einschätzung "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" oder sogar - was allerdings in der Regel nur bei bekannten Reproduktionen anzunehmen sei - "mit Sicherheit" höher.

 

Er sei zwar kein Spezialist für die Feststellung von Fälschungen, habe aber weder auf dem Originalfoto des Dienstausweises, das er selbst auch angesehen habe, noch aufgrund sonstiger Erkenntnisse im Rahmen der Vergleichsanalyse Hinweise darauf gefunden, dass das zu vergleichende Lichtbild aus dem Dienstausweis manipuliert sein könnte.

 

Der Sachverständige erläuterte seine Analyse, die detailreich und in allen Punkten nachvollziehbar war, auch im Einzelnen anhand des Bildmaterials, das er zur Vergleichsanalyse verwendete. Im Hinblick auf die Ausführungen des Sachverständigen konnte die Kammer auch in den Gesichtszügen des Angeklagten in seinem jetzigen Zustand keine Hinweise dafür finden, dass das Lichtbild nicht ihn als jungen Mann, sondern eine andere Person zeigen würde. Trotz der deutlichen Alterungserscheinungen weist der Angeklagte heute eine mit dem Lichtbild korrespondierende Gesichtsform auf.

 

b) Keine Lichtbildauswechslung, Sachverständiger Larry F. Stw.

 

Dass das in dem Ausweisdokument enthaltene Lichtbild auch von Anfang an diesem zugeordnet war, mithin keine Lichtbildauswechslung stattgefunden hat, ergibt sich aus der Untersuchung der Linienführung der beiden Stempelaufdrucke, welche jeweils Teile des Fotos und das Dokument selbst umfassen, durch den Sachverständigen Larry F. Stw.