Justiz und NS-Verbrechen Bd.XLIX

Verfahren Nr.920 - 924 (2002 - 2012), 880 (Erratum), 950 - 959 (1945 - 1960; Nachtragsverfahren)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.924 LG München II 12.05.2011 JuNSV Bd.XLIX S.227

 

Lfd.Nr.924    LG München II    12.05.2011    JuNSV Bd.XLIX S.314

 

geraten sei. Letzteres bestätigte der Angeklagte auch im Rahmen einer seiner wenigen Erklärungen zur Sache während der Hauptverhandlung 151.

 

Von der Krim aus sei er - so der Angeklagte weiter in den o.a. Vernehmungen - zunächst ins Gefangenenlager nach Rowno und dann ins Gefangenenlager nach Chelm gekommen.

 

2. Sachverständiger Prof.Dr. Ei. zur Narbe

 

Der rechtsmedizinische Sachverständige Prof.Dr. Ei. legte - auch an Hand einer Fotografie der Rückenpartie des Angeklagten - dar, dass bei einer körperlichen Untersuchung des Angeklagten eine ältere Vernarbung am Rücken festzustellen gewesen sei, welche mit einer Granatsplitterverletzung ohne Weiteres in Einklang stehen könne.

 

3. Urkunden über Geburt

 

Im Staatsarchiv des Gebietes Winnycia/Ukraine befindet sich ein Eintrag im Geburtsbuch der Gemeinde Dubowije Machrinzij, Bezirk Kasatyn für die Jahre 1914 bis 1922. Dort ist unter Nr.4 vom 21.März 1920 ein Eintrag über die Geburt des Sohnes Iwan von Demjanjuk Mykola Kosmytsch und Demjanjuk Iulianija Onykijwna. Der Unterschied zu dem vom Angeklagten angegebenen Geburtsdatum ergibt sich aus dem Unterschied zwischen der Rechnung nach dem 1920 in der Sowjetunion noch verwendeten Julianischen Kalender und dem Gregorianischen Kalender.

 

Das Wehrkreiskommando Kasatin hat auf eine Anfrage der dortigen Staatsanwaltschaft im Rahmen eines Rechtshilfeersuchens der USA am 27.September 1979 mitgeteilt, dass der "Bürger Demjanjuk Iwan Nikolajewitsch, geboren im Jahr 1920 im Dorf Dubowyje Macharinziy, Kreis Kasatin (früher: Kreis Samgorodok), Gebiet Winniza" am 15.September 1940 in die Sowjetarmee einberufen worden sei.

 

4. Protokoll Petr Bondaruk

 

Auch aus der verlesenen Aussage des Petr Bondaruk vom 6.April 1979 ergeben sich keine anderen Erkenntnisse. Bondaruk schilderte, dass er mit dem Angeklagten im selben Dorf aufgewachsen und auch mit ihm zusammen in die Armee eingezogen worden sei. Er habe die Verletzung des Angeklagten persönlich miterlebt, ihn dann aber aus den Augen verloren.

 

5. Militärhistorische Plausibilität, Sachverständiger Dr. Bruce Me.

 

Die Angaben des Angeklagten sind bis zum Zeitpunkt der Gefangennahme auf der Krim auch militärhistorisch plausibel, wie der Sachverständige Dr. Bruce Me. erläuterte. Der Sachverständige erstattete sein militärhistorisches Gutachten (auch zu weiteren Detailfragen, auf die im Weiteren noch einzugehen sein wird) ersichtlich auf der Basis einer fundierten militärhistorischen Ausbildung und langjährigen Berufserfahrung als Universitätsdozent, Militäranalyst und Buchautor speziell im Bereich der sowjetischen Militärgeschichte, auch im Kontext mit europäischem Bezug. Seine gutachterlichen Äusserungen waren in sich schlüssig und nachvollziehbar; auf Nachfragen vermochte der Sachverständige auch spezielle Einzelthemen detailliert zu erörtern. Dabei kamen zu keinem Zeitpunkt Zweifel an seiner Kompetenz und der Richtigkeit seiner Darlegungen auf, zumal er auch seine Ausführungen deutlich danach differenzierte, welche militär-historischen Fakten als gesichert gelten und für welche die Quellenlage lediglich eingeschränkt tragfähig ist.

 

151 Siehe oben C I Seite 256.