Justiz und NS-Verbrechen Bd.XXXIV

Verfahren Nr.732 - 746 (1970 - 1971)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

> zum Inhaltsverzeichnis

Lfd.Nr.734a LG Braunschweig 12.06.1970 JuNSV Bd.XXXIV S.297

 

Lfd.Nr.734a    LG Braunschweig    12.06.1970    JuNSV Bd.XXXIV S.300

 

in jener Zeit Stabsführer und unmittelbarer Vorgesetzter des Angeklagten gewesen. In Oranienburg befand sich seit August 1938 der Stab Eickes als "Inspekteur der KL und Führer der SS-Wachverbände", der damals noch dem SS-Hauptamt unterstellt war. Bald nach Kriegsbeginn wurde Glücks der Nachfolger Eickes, jedoch nur als Inspekteur der KL, während Eicke den Einsatz der Totenkopfstandarten in Polen und die Aufstellung der Totenkopfdivision in Dachau leitete.

 

Bei der Begegnung im Lazarett-Garten 1942 erkundigte sich Glücks nach der Verwundung des Angeklagten und fragte ihn, ob er daran interessiert sei, Lagerführer eines Arbeitslagers zu werden. Glücks erklärte dem Angeklagten dabei, dass in der Rüstungsindustrie ein Mangel an Arbeitskräften bestehe, deshalb erprobt werde, KL-Häftlinge in der Rüstungsindustrie einzusetzen, eine derartige Probe auch in einem noch aufzubauenden Arbeitslager bei den Flugzeugwerken Heinkel erfolgen solle und dass der Angeklagte den Aufbau und die Leitung dieses Lagers übernehmen könne. Der Angeklagte erwiderte darauf, dass er lieber zu seiner Truppe an die Front zurückkehren wolle. Er liess sich dann aber doch zu diesem Amt in einem Konzentrationslager überreden. Durch Personalverfügung vom 22.7.1942 wurde der Angeklagte mit Wirkung vom 20.7.1942 zum SS-Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt (WVHA), Amtsgruppe D, versetzt.

 

Das von SS-Obergruppenführer Pohl geleitete WVHA war im Februar 1942 durch Zusammenlegung der beiden von Pohl in Personalunion geleiteten Hauptämter "Haushalt und Bauten" und "Verwaltung und Wirtschaft" sowie des "Verwaltungsamtes-SS", das aus dem SS-Führungshauptamt (SSFHA) herausgelöst worden war, errichtet worden. Die Dienststelle des "Inspekteurs der KL" schied im März 1942 aus dem von Brigadeführer Jüttner als Chef des Stabes geleiteten SSFHA, das am 15.8.1940 aus den Ressorts des SS-Hauptamtes (SSHA) "Kommando der Waffen-SS" (umgewandelt am 1.6.1940 aus der "Inspektion der Verfügungstruppen" unter gleichzeitiger Eingliederung der "Inspektion KL" und am 1.8.1940 erfolgter Übernahme der Geschäfte der aufgelösten "Inspektion der SS-Totenkopfstandarten"), "Zentralamt" (später umbenannt in "Kommandoamt der Allgemeinen SS"), "Amt für Nachrichtenverbindungen" und "Verwaltungsamt" gebildet worden war, aus und wurde dem WVHA unter der Bezeichnung "Amtsgruppe D" eingegliedert. Diese Umorganisation erfolgte mit dem Ziel der Zwangsmobilisierung von Arbeitskräften für die Kriegswirtschaft. Neben der Amtsgruppe D ("Konzentrationslager") unter Brigadeführer Glücks bestanden im WVHA die Amtsgruppen A (Truppenverwaltung), B (Truppenwirtschaft), C (Bauwesen) und W (SS-Wirtschaftsbetriebe). Die Amtsgruppe D war unterteilt in Amt D I (Zentralamt), D II (Arbeitseinsatz der Häftlinge) unter SS-Standartenführer Maurer, D III (Sanitätswesen und Hygiene) und D IV (KL-Verwaltung). Diesen Zuständigkeitsbereichen der Amtsgruppe D entsprachen im wesentlichen selbständige Zuständigkeitsbereiche innerhalb der KL: Abt.I Kommandantur, Abt.II Politische Abteilung, als Aussenposten der Politischen Polizei (stets geleitet von einem Beamten der Gestapo oder der Kripo und unterstellt der für das betreffende KL zuständigen Gestapo- bzw. Kripostelle), Abt.III Schutzhaftlager mit dem Arbeitseinsatzführer, Abt.IV Verwaltungsführer und Abt. V Standort- bzw. Lagerarzt. Dabei bestand eine unmittelbare Weisungsbefugnis sowohl von dem Chef der Amtsgruppe D zu dem KL-Kommandanten als auch von den einzelnen Amtschefs innerhalb der Amtsgruppe D und von der Gestapostelle als Aussenstelle der Gestapo bzw. des RSHA zu dem Kommandanten, aber auch unmittelbar zu dem entsprechenden Abteilungsleiter innerhalb des KL.

 

Der Angeklagte wurde ab August 1942 im KL Sachsenhausen in den Betrieb eines KL eingewiesen und übernahm sodann als Lagerführer ein Arbeitslager (Aussenlager des KL Sachsenhausen) von etwa 150 Häftlingen bei der Firma Heinkel. Dieses Arbeitslager baute er weiter aus bis zu einer Belegschaft von etwa 4.000 Häftlingen bei seiner Versetzung im Oktober 1943. In Zusammenarbeit mit der Direktion der Heinkel-Werke und mit seiner vorgesetzten Dienststelle führte er ein Prämiensystem ein mit wöchentlich ausgegebenen Prämienscheinen im Werte von -,50 bis 3,- RM. Die Häftlinge durften dazu Privatgeld in derselben Höhe des