Justiz und NS-Verbrechen Bd.XXXIV

Verfahren Nr.732 - 746 (1970 - 1971)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.734a LG Braunschweig 12.06.1970 JuNSV Bd.XXXIV S.297

 

Lfd.Nr.734a    LG Braunschweig    12.06.1970    JuNSV Bd.XXXIV S.298

 

Dezember 1933 als Vertreter auf Provisionsbasis für einen Zeitschriftenverlag. Im Januar 1934 übernahm er im Auftrage der NSDAP-Gauleitung Halle-Merseburg die kommissarische Geschäftsführung des Fischereivereins für die Provinz Sachsen-Anhalt.

 

Er war bereits am 1.11.1929 der SA und am 1.6.1930 gleichzeitig mit seinem Vater der NSDAP beigetreten. Seine Eltern waren national eingestellt und erzogen ihn zu einem gehorsamen, national denkenden jungen Menschen. Sein Vater war Angehöriger des "Stahlhelms", der Angeklagte vom 1.5.1923 bis zum Oktober 1929 Angehöriger des "Bismarck-Bundes", einer dem "Stahlhelm" zugerechneten Jugendorganisation, in der er zuletzt Zugführer war. In Übereinstimmung mit seinem Vater war er der Auffassung, dass Deutschland durch die Kommunisten bedroht sei. Um dem entgegenzuwirken, traten beide der NSDAP bei.

 

Am 31.5.1934 musste der Angeklagte infolge Übernahme des Fischereivereins durch den Reichsnährstand die Geschäftsführung wieder aufgeben und war sodann beim Finanzamt in Merseburg angestellt. In dieser Zeit traf er zufällig einen Bekannten, mit dem er früher gemeinsam in der SA Dienst getan hatte. Dieser Bekannte war bereits wieder aus der SA ausgetreten und Mitglied der SS sowie Leiter der Dienststelle des Sicherheitsdienstes (SD) des Reichsführer-SS (RFSS) in Halle geworden. Der SD war im Herbst 1931 unter Führung von Reinhard Heydrich gegründet worden und hatte ab Frühjahr 1933 ein eigenes Zentralamt und eine eigene Organisation parallel zur "Allgemeinen SS", die die eigentliche Parteigliederung "Schutzstaffel" (SS) mit nicht hauptberuflichen SS-Männern darstellte. Ziel Heydrichs war es ursprünglich, die staatliche Sicherheitspolizei durch den SD zu ersetzen, so dass der SD zunächst auf dem Gebiet der Sicherheitspolizei tätig war, später jedoch vor allem nachrichtendienstliche Aufgaben ausführte.

 

Der Bekannte bot dem Angeklagten an, in seiner Dienststelle zu arbeiten, wenn er der SS beitreten würde. Der Angeklagte zögerte unter Hinweis auf seine Mitgliedschaft in der SA und da er sich bereits bei der Polizei um eine Einstellung beworben hatte. Er liess seine Bedenken jedoch fallen, nachdem der Bekannte ihm erklärt hatte, dass er dann, wenn er Polizeibeamter werden wolle, zunächst der SS beitreten müsse; über die SS würde er dann in den Polizeidienst gelangen. Daraufhin trat der Angeklagte am 31.5.1934 aus der SA, in der er zuletzt Truppführer war, aus und wurde ab 1.6.1934 Mitglied der SS.

 

Er war zunächst im SD-Abschnitt XVI/XVIII in Halle als hauptamtlicher Verwaltungsführer tätig. Am 15.6.1934 wurde er "SS-Mann", am 15.2.1935 Rottenführer und am 20.4.1935 Unterscharführer. Während dieser Zeit erhielt er im Lager Wolterdingen in der Lüneburger Heide bei der dort stationierten 2.Standarte der SS-Verfügungstruppe eine vormilitärische Ausbildung. Die Verfügungstruppe war neben der Allgemeinen SS und dem SD eine weitere Sparte der SS. 1933 wurden zuverlässige SS-Männer zusammengefasst zu "SS-Sonderkommandos" und für polizeiliche und quasipolizeiliche Aufgaben verwendet. Diese Sonderkommandos, die später als "Kasernierte Hundertschaften" und dann als "Politische Bereitschaften" bezeichnet wurden, bildeten den Grundstock der späteren "Verfügungstruppe", aus der dann wiederum die "Waffen-SS" hervorging.

 

Auf eine Umfrage nach Führernachwuchs meldete sich der Angeklagte, da es schon früher sein Ziel gewesen war, entweder Landwirtschaft zu studieren oder Offizier zu werden. Nach einer Prüfung vom 8. und 9.4.1935 wurde er von einem militärischen Prüfungsausschuss jedoch als zum Führer "nicht geeignet" beurteilt. Gleichwohl kam er am 23.4.1935 als SS-Junker zur SS-Junker-Schule nach Braunschweig und verliess diese Schule am 9.2.1936. In seinem Abgangszeugnis vom 31.1.1936 wurden ihm "im ganzen genügende Leistungen", in der Weltanschauung jedoch gute Kenntnisse bescheinigt. Die "Allgemeine Beurteilung der Persönlichkeit" lautet:

"Has. ist charakterlich recht gut eingestellt. Zielbewusst geht er an die ihm gestellten Aufgaben heran. SS-mässig und kameradschaftlich gleich gut. Seine