Justiz und NS-Verbrechen Bd.XXXIV

Verfahren Nr.732 - 746 (1970 - 1971)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.734a LG Braunschweig 12.06.1970 JuNSV Bd.XXXIV S.297

 

Lfd.Nr.734a    LG Braunschweig    12.06.1970    JuNSV Bd.XXXIV S.297

 

1 Ks 1/67

 

Im Namen des Volkes

 

 

In der Strafsache gegen

 

den Kaufmann im Aussendienst Johannes Has. 120, geboren am 11.Juli 1910 in Halle/Saale, wohnhaft in Braunschweig, verheiratet, deutsch,

 

wegen Mordes pp.

 

hat das Schwurgericht bei dem Landgericht Braunschweig in den Sitzungen vom 8., 9., 11. und 12.Juni 1970 am 12.Juni 1970 für Recht erkannt:

 

Der Angeklagte wird freigesprochen.

Die Kosten des Verfahrens, einschliesslich der notwendigen Auslagen des Angeklagten, fallen der Staatskasse zur Last.

 

 

GRÜNDE

 

I. « Die Anklage »

 

Dem Angeklagten wird zur Last gelegt, in der Zeit vom 27.9.1944 bis zum 2.12.1944 als Mittäter aus eigenen niedrigen Beweggründen acht Juden und einen Russen getötet (§§211, 47, 74 StGB) und in der Zeit vom 13.5.1944 bis zum 21.9.1944 in Kenntnis der niedrigen Beweggründe der Täter Beihilfe zur Tötung eines Ukrainers und zweier Russen geleistet zu haben (§§211, 49, 74 StGB).

 

II. « Tatsächliche Feststellungen »

 

Die Hauptverhandlung hat aufgrund der Angaben des Angeklagten, soweit das Schwurgericht ihm zu folgen vermochte, der verlesenen Dokumente und des Gutachtens des Sachverständigen für Zeitgeschichte Dr.phil. Hans-Günther Ser., dessen Gutachten sich das Schwurgericht nach eingehender kritischer Prüfung unter eigener Meinungsbildung anschliesst, zu folgenden Feststellungen geführt:

 

1.) Zur Persönlichkeit des Angeklagten

 

Der Angeklagte ist am 11.7.1910 in Halle geboren. Er hat noch zwei ältere Schwestern, die beide in Halle wohnen. Seine Eltern sind verstorben. Sein Vater war Hauptwachtmeister im Strafvollzug. Ab Ostern 1916 besuchte er die Volksschule in Halle und erhielt nach 3 Jahren wegen besonderen Fleisses ein Stipendium für die Mittelschule in Halle, die er vom 1.4.1920 bis zum 31.3.1926 besuchte und mit dem Zeugnis der mittleren Reife verliess. Sodann begann er in einer Maschinenfabrik eine kaufmännische Lehre. Nach deren erfolgreichem Abschluss war er als Angestellter weiterhin in dieser Maschinenfabrik tätig, wurde jedoch am 30.4.1931 wegen Auftragmangels entlassen. Er arbeitete in der Folgezeit bis Ende

 

120 Rechtskräftig durch Urteil des BGH vom 30.11.1971, 5 StR 3/71, Lfd.Nr.734b, mit der Massgabe, dass das Verfahren wegen Verjährung eingestellt wird, soweit dem Angeklagten vorgeworfen ist, in drei Fällen Beihilfe zum Mord begangen zu haben.