Justiz und NS-Verbrechen Bd.XX

Verfahren Nr.569 - 589 (1964 - 1965)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.579a LG Aurich 26.06.1964 JuNSV Bd.XX S.281

 

Lfd.Nr.579a    LG Aurich    26.06.1964    JuNSV Bd.XX S.289

 

am Strand von Laboe. Im Jahre 1953 pachtete er ein Lebensmittelgeschäft in Tönning. Seit 1958 hat er ein gleiches Geschäft in Süderstapel (Kreis Schleswig) gepachtet.

 

5. Otto Bastian

 

Der Angeklagte Bastian wurde am 20.April 1910 in Steinperf, Kreis Biedenkopf, als Sohn des Formers und späteren Händlers Georg Bastian und seiner Ehefrau Margarethe geb. Don. geboren.

Der Angeklagte besuchte von 1916 bis 1924 die Volksschule in Weidenhausen und half dann, ohne eine Berufsausbildung genossen zu haben, im elterlichen Obst- und Gemüsegeschäft, bis sein Vater im Jahre 1928 das Geschäft aufgeben musste. Von 1928 bis 1934 war er mit kurzen Unterbrechungen arbeitslos. Dann arbeitete er zwei Jahre als Emaillierer in einem Emaillierwerk in Weidenhausen. Im Jahre 1936 nahm er eine Beschäftigung als Zivilarbeiter beim Luftgaukommando XI in Giessen an. Im Sommer 1938 meldete er sich zur Grenzpolizei, weil er dort mehr verdienen konnte. Daraufhin wurde er zu einem mehrmonatigen Lehrgang an der Grenzpolizeischule in Pretzsch/Elbe einberufen. Nach erfolgreichem Abschluss des Lehrganges wurde er ab November 1938 als Kriminalassistentenanwärter bei dem zum Grenzpolizeikommissariat Tilsit gehörenden Grenzpolizeiposten Tilsit-Luisenbrücke verwendet. Nach dem Anschluss des Memellandes wurde er zunächst zum Grenzpolizeiposten Laugszargen und im Mai oder Juni 1939 zur Grenzpolizeinebenstelle Heydekrug versetzt. Im Jahre 1940 wurde er zum planmässigen Kriminalassistenten mit dem Angleichungsdienstgrad eines SS-Oberscharführers ernannt. Im Frühjahr 1942 wurde er wieder zum Grenzpolizeiposten Laugszargen versetzt, welcher bald darauf nach Tauroggen vorgeschoben wurde. Als die sowjetischen Truppen im Spätsommer 1944 die Reichsgrenze bedrohten, wurde er zum Polizeiregiment Oberst von Bredow abgestellt.

Nachdem er bei einem Luftangriff auf Königsberg am rechten Unterschenkel verwundet worden war, wurde er mit einem Lazarettschiff nach Dänemark gebracht. Dort geriet er im Mai 1945 in englische Kriegsgefangenschaft, aus der er aber schon nach kurzer Zeit entfliehen konnte.

Der Angeklagte begab sich nun zu seinem Onkel in Hohenlimburg und betätigte sich für seinen Schwager, der in der Nähe von Siegen einen kleinen metallverarbeitenden Betrieb hatte, als Einkäufer. Im Frühjahr 1946 wurde er in Hagen von den Engländern festgenommen und in das Internierungslager Staumühle gebracht. Nachdem er im April 1948 vom Spruchgericht Hiddesen freigesprochen und aus der Internierung entlassen worden war, machte er zunächst eine dreijährige Lehre als Ofenbauer durch. Im Jahre 1952 legte er die Gesellenprüfung ab. Danach war er als Werkschutzangehöriger bei der Firma Hoesch-AG in Hohenlimburg tätig.

 

Der Angeklagte Bastian war seit dem Sommer 1932 Mitglied der NSDAP und der SA. Er hatte in der SA den Rang eines Truppführers.

 

Bastian heiratete erstmals im Jahre 1934. Diese Ehe, aus der drei Kinder im Alter von 24 bis 29 Jahren hervorgegangen sind, wurde im Jahre 1957 gemäss §48 des Ehegesetzes geschieden. Im Herbst 1957 heiratete Bastian zum zweiten Mal. Die neue Ehe blieb kinderlos. Sie wurde im Jahre 1959 aus dem Verschulden des Angeklagten geschieden.

Bastian wurde am 19.Mai 1960 unter dem Verdacht der Beihilfe zum Mord vorläufig festgenommen und befand sich bis zum 7.Juni 1963 in Untersuchungshaft. Das Schwurgericht in Aurich verurteilte ihn durch Urteil vom 7.Juni 1963 64 wegen vierfacher gemeinschaftlicher Beihilfe zum Mord und wegen einer weiteren gemeinschaftlichen Beihilfe zum Mord in 96 Fällen zu einer Gesamtstrafe von vier Jahren Zuchthaus und zu zwei Jahren Ehrverlust. Das Urteil ist rechtskräftig. Der Angeklagte befindet sich jetzt wieder auf freiem Fuss und ist als Werkschutzangehöriger bei der Firma Hoesch-AG in Hohenlimburg beschäftigt.

 

64 Siehe Lfd.Nr.554.