Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam
Lfd.Nr.579a LG Aurich 26.06.1964 JuNSV Bd.XX S.282
Staatsgebiet) beteiligt haben sollen.
Das Schwurgericht in Aurich verurteilte durch Urteil vom 29.Mai 1961 55 Dr. Werner Scheu wegen gemeinschaftlicher Beihilfe zum gemeinschaftlichen Mord an 220 Menschen zu sechs Jahren Zuchthaus, Karl Struve wegen gemeinschaftlicher Beihilfe zum gemeinschaftlichen Mord an 220 Menschen zu fünf Jahren und sechs Monaten Zuchthaus, Otto Bastian wegen gemeinschaftlicher Beihilfe zum gemeinschaftlichen Mord an 190 Menschen unter Freisprechung im übrigen zu vier Jahren Zuchthaus, Wilhelm Schmidt wegen gemeinschaftlicher Beihilfe zum gemeinschaftlichen Mord an 190 Menschen unter Freisprechung im übrigen zu vier Jahren und sechs Monaten Zuchthaus und Friedrich Jagst wegen gemeinschaftlicher Beihilfe zum gemeinschaftlichen Mord an 50 Menschen zu drei Jahren Zuchthaus. Die erlittene Untersuchungshaft wurde den Angeklagten auf die erkannten Strafen angerechnet. Die bürgerlichen Ehrenrechte wurden Dr. Scheu und Struve auf die Dauer von drei Jahren und Bastian und Schmidt auf die Dauer von zwei Jahren aberkannt.
Der Bundesgerichtshof hat durch Urteil vom 22.Mai 1962 56 auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Angeklagten Dr. Scheu und Struve das Urteil des Schwurgerichts mit den Feststellungen aufgehoben, soweit es diese beiden Angeklagten betrifft, und auf die Revision des Angeklagten Bastian, soweit es ihn verurteilt hat. Die Sache ist in diesem Umfang zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Schwurgericht zurückverwiesen worden. Die Revisionen des Angeklagten Jagst und des früheren Angeklagten Schmidt sind verworfen worden.
Das Schwurgericht in Aurich hat deshalb im Frühjahr 1963 erneut gegen Dr. Scheu, Struve und Bastian verhandelt, dann aber durch Beschluss vom 27.Mai 1963 das Verfahren, soweit es Dr. Scheu und Struve betrifft, abgetrennt und die Verhandlung insoweit vertagt. Es hat sodann durch Urteil vom 7.Juni 1963 57 Bastian wegen vierfacher gemeinschaftlicher Beihilfe zum Mord an je einem Menschen und wegen einer weiteren gemeinschaftlichen Beihilfe zum Mord an 96 Menschen zu einer Gesamtstrafe von vier Jahren Zuchthaus verurteilt und ihm die bürgerlichen Ehrenrechte auf die Dauer von zwei Jahren aberkannt; im übrigen hat es Bastian freigesprochen. Das Urteil ist rechtskräftig.
In dem Eröffnungsbeschluss der grossen Strafkammer des Landgerichts in Aurich vom 9.Oktober 1963 (2 Ks 1/63 StA Oldenburg) werden die Angeklagten Dr. Scheu, Struve, Jagst, Bastian und Al. weiterer Mordtaten beschuldigt, die sie in den Jahren 1941 bis 1943 im Zusammenhang mit der Zwangsverschleppung litauischer Juden und ihrem Arbeitseinsatz im Landkreis Heydekrug begangen haben sollen.
Den Angeklagten Dr. Scheu und Jagst wird vorgeworfen, am 29.Juni 1941 in Sveksna (Litauen) die jüdischen Häftlinge Selig Ar., Abraham Gershon und Eliah Shapiro von einem Lastwagen heruntergeholt und unter dem Vorwand eines Fluchtversuchs erschossen zu haben. Ausserdem sollen Dr. Scheu und Jagst in der Zeit von etwa Juli 1941 bis Ende Juli 1943 aus den in den Lagern im Landkreis Heydekrug untergebrachten jüdischen Häftlingen eine im einzelnen nicht mehr festzustellende Zahl - mindestens jedoch 297 - von alten, kranken und arbeitsunfähigen Juden zum Zwecke der Erschiessung ausgesondert haben; die ausgesonderten Häftlinge sollen daraufhin von nicht ermittelten Tätern erschossen worden sein.
Dr. Scheu soll ferner in der Zeit von Frühjahr 1942 bis Sommer 1943 im Landkreis Heydekrug den im Lager Russ untergebrachten taubstummen jüdischen Häftling Reuwen Richmann getötet haben oder ihn durch andere Personen haben töten lassen.
Der Angeklagte Al. soll in der Zeit von August 1941 bis Ende Juli 1943 aus den im Hauptlager Heydekrug untergebrachten Juden etwa 12 bis 15 Personen, die alt, arbeitsunfähig oder ihm aus irgendeinem Grunde nicht genehm waren, zum Zwecke der Erschiessung ausgesondert haben; die ausgesonderten Juden sollen daraufhin durch nicht ermittelte Täter erschossen worden sein.
Der Angeklagte Bastian soll einen arbeitsunfähigen alten und kranken jüdischen Häftling, den er mit einem Personenkraftwagen nach Litauen bringen sollte, unterwegs in einer Entfernung von ca. 50 bis 60 Metern von dem Wagen erschossen haben.