Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam
Lfd.Nr.579a LG Aurich 26.06.1964 JuNSV Bd.XX S.281
2 Ks 1/63
Im Namen des Volkes
1. den Arzt Dr.med. Theodor Hugo Werner Scheu, geboren am 30.März 1910 in Heydekrug (Memel), wohnhaft in Borkum, z.Zt. in Untersuchungshaft im Landgerichtsgefängnis in Aurich,
2. den Reitlehrer Karl Struve, geboren am 14.Juli 1902 in Köln/Rhein, wohnhaft in Bad Homburg v.d.H., z.Zt. in Untersuchungshaft im Landgerichtsgefängnis in Aurich,
3. den ehemaligen Kreisobersekretär Friedrich Hermann Jagst 53, geboren am 15.Juni 1907 in Tilsit (Ostpreussen), wohnhaft in Burgdorf/Hannover, z.Zt. in Strafhaft im Landgerichtsgefängnis in Aurich,
4. den Lebensmittelkaufmann Al., geboren am 22.Dezember 1913 in Mischpettern, Kreis Pogegen, wohnhaft in Süderstapel, Kreis Schleswig,
5. den Werkschutzangehörigen Otto Christian Bastian 54, geboren am 20.April 1910 in Steinperf, Kreis Biedenkopf, wohnhaft in Hohenlimburg,
wegen Mordes
hat das Schwurgericht in Aurich in der Sitzung vom 26.Juni 1964 für Recht erkannt:
Der Angeklagte Dr. Scheu wird wegen achtfacher gemeinschaftlicher Beihilfe zum Mord an je einem Menschen und wegen einer weiteren gemeinschaftlichen Beihilfe zum Mord an 212 Menschen zu einer Gesamtstrafe von zehn Jahren Zuchthaus verurteilt; im übrigen wird er freigesprochen.
Der Angeklagte Struve wird wegen gemeinschaftlicher Beihilfe zum Mord an einem Menschen und wegen einer weiteren gemeinschaftlichen Beihilfe zum Mord an 219 Menschen zu einer Gesamtstrafe von neun Jahren Zuchthaus verurteilt.
Die erlittene Untersuchungshaft wird auf die erkannten Strafen angerechnet.
Die bürgerlichen Ehrenrechte werden dem Angeklagten Dr. Scheu auf die Dauer von zehn Jahren und dem Angeklagten Struve auf die Dauer von acht Jahren aberkannt.
Die Angeklagten Jagst, Bastian und Al. werden freigesprochen.
Die Angeklagten tragen die Kosten des Verfahrens, soweit sie verurteilt worden sind; im übrigen trägt sie die Staatskasse.
GRÜNDE
I. Allgemeines
Der Eröffnungsbeschluss der grossen Strafkammer des Landgerichts in Aurich vom 16.März 1961 (17 Ks 1/61 StA Osnabrück = 2 Ks 1/62 StA Oldenburg) legt den Angeklagten Dr. Werner Scheu und Karl Struve je 220 Verbrechen des gemeinschaftlichen Mordes und den Angeklagten Otto Bastian und Friedrich Jagst sowie dem früheren Mitangeklagten Wilhelm Schmidt je 220 Verbrechen der gemeinschaftlichen Beihilfe zum gemeinschaftlichen Mord zur Last, weil sie sich Ende Juni/Anfang Juli 1941 an einer Massenerschiessung von Juden im Raum Naumiestis/Vainutas (ehemals litauisches
51 Hins. Dr. Scheu und Struve wurde das Urteil des Landgerichts durch Urteil des BGH vom 24.8.1965, 5 StR 114/65, Lfd.Nr.579b insoweit gem. §354 Abs.1 StPO geändert, dass sie statt wegen Beihilfe zum Mord (zu einer zeitigen Zuchthausstrafe) als Mittäter beim Mord (zu lebenslangem Zuchthaus) verurteilt und ihnen die bürgerlichen Ehrenrechte auf Lebenszeit aberkannt werden.
52 Hins. Jagst und Bastian rechtskräftig durch Urteil des BGH vom 24.8.1965, 5 StR 114/65, Lfd.Nr.579b. Hins. Al. wurde ein Rechtsmittel nicht eingelegt bzw. zurückgenommen.
53 Siehe auch Lfd.Nr.511.
54 Siehe auch Lfd.Nr.511 und 554.