Justiz und NS-Verbrechen Bd.XLIX

Verfahren Nr.920 - 924 (2002 - 2012), 880 (Erratum), 950 - 959 (1945 - 1960; Nachtragsverfahren)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.924 LG München II 12.05.2011 JuNSV Bd.XLIX S.227

 

Lfd.Nr.924    LG München II    12.05.2011    JuNSV Bd.XLIX S.267

 

Jedem Wachmann sei eine Dienstnummer zugewiesen worden, die im Wesentlichen fortlaufend vergeben worden sei; bei der Registrierung sei es jedoch zumindest bis Anfang 1942 des Öfteren zu Unregelmässigkeiten gekommen. Bis März 1942 habe Lagerleiter Stre. einen Bestand von 1250 Wachmännern vermeldet, wobei schon zu diesem Zeitpunkt höhere Dienstnummern vergeben worden seien. Die Höhe der Dienstnummer könne ein Indiz für den Zeitpunkt der Rekrutierung und Erfassung darstellen, wenngleich dies nicht zwingend sei. Bei der Erfassung der Personaldaten seien die Namen phonetisch eingedeutscht worden, wodurch die kyrillische Schreibweise nicht immer konsequent transskribiert worden sei.

 

Neben dem Personalbogen sei für jeden Wachmann ein Dienstausweis ausgestellt worden und man habe (erbeutete und eigene) Uniformen ausgegeben, wobei die im Wesentlichen braun und schwarz gehaltenen Uniformteile nicht durchgängig gleich gewesen seien.

 

Gegen Ende 1941 sei die Rekrutierung von Hilfskräften zunächst weitgehend eingestellt worden, weil der Ausbau der SS- und Polizeistützpunkte gestockt habe, mit dem Stillstand des Vormarsches der Wehrmacht kaum noch neue Kriegsgefangene gemacht worden seien und die Kriegsgefangenenlager aufgrund der miserablen Lebensumstände kaum noch leistungsfähige Aspiranten hervorgebracht hätten.

 

Erst ab Mai 1942 sei es wieder zu militärischen Erfolgen mit einer grossen Zahl sowjetischer Gefangener, zunächst auf der Krim und im Raum Charkow und dann bei der Sommeroffensive bis nach Stalingrad und zum Kaukasus, gekommen. Zudem sei der Personalbedarf wegen des Ausbaus der Vernichtungslager wieder gestiegen, so dass zunächst weitere etwa 1250 Mann rekrutiert worden seien. Ab Herbst 1942 sei der Einzugsbereich für Neurekrutierungen erweitert worden. Bis Juli 1943 seien insgesamt mindestens 4000, wahrscheinlich knapp 5000 Hilfswillige rekrutiert worden.

 

d) Ausbildung

 

Die Rekrutierten hätten eine militärähnliche Grundausbildung erhalten, darunter Exerzieren und der Umgang mit den zugeteilten Waffen, meist Karabinern, ferner Grundzüge der deutschen Sprache und der Bewachung von Gefangenen. Die Wachmannschaften seien in Bataillone, Kompanien und Züge unterteilt gewesen; es seien auch abgestufte Wachmannränge vergeben worden, und zwar neben dem einfachen Wachmann als Eingangsamt die weiteren Rangstufen Oberwachmann, Gruppenwachmann, Zugwachmann und ab 1943 auch Rottenwachmann und Oberzugwachmann.

 

e) Besoldung, Urlaub, Ausgang

 

Als Besoldung hätten die Wachmänner zwischen 15,- und 45,- Reichsmark im Monat in Zloty als Sold ausbezahlt bekommen; ferner hätten sie Verpflegung und Familienunterstützung erhalten.

 

Den Trawniki-Männern sei auch Urlaub gewährt worden. Aus den Personalbögen gehe 14-tägiger Urlaub hervor. Urlaub habe Rückkehr an die Heimatorte bedeutet. In den Vernichtungslagern sei dies wegen der hohen Geheimhaltungsstufe eher restriktiv gehandhabt worden. Den Personalunterlagen sei jedoch eine Urlaubsgewährung eines im Vernichtungslager Sobibor tätigen Wachmanns zu entnehmen.

 

Ausgang habe es ausserhalb der Dienstzeit gegeben. Solches sei zwar nicht gewünscht und teilweise formal verboten gewesen wegen drohender Verletzung der Geheimhaltung und zur Verhinderung unzulässiger Tauschgeschäfte. Letztlich habe man nichts dagegen machen können und habe es wohl auch hinnehmen müssen, um die Wachmänner bei Laune zu halten.