Justiz und NS-Verbrechen Bd.XLIX

Verfahren Nr.920 - 924 (2002 - 2012), 880 (Erratum), 950 - 959 (1945 - 1960; Nachtragsverfahren)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.924 LG München II 12.05.2011 JuNSV Bd.XLIX S.227

 

Lfd.Nr.924    LG München II    12.05.2011    JuNSV Bd.XLIX S.265

 

unterstanden habe; faktisch seien die massgeblichen Weisungen an den HSSPF Krüger direkt oder über das RSHA von Himmler erteilt worden.

 

Der Sachverständige erläuterte auch den Aufbau weiterer SS-Verbände, wobei er aber lediglich Verbände der Waffen-SS, die auch tatsächlich im Fronteinsatz gewesen seien, aus seiner historischen Sicht als "Soldaten" bezeichnete.

 

Insgesamt liess sich daher auf der Basis der detaillierten und mit Belegen ergänzten Ausführungen des Sachverständigen zweifelsfrei feststellen, dass die Vernichtungsaktion "Aktion Reinhardt" von den zentralen Institutionen in Berlin ausging und über verflochtene Befehlswege unter Einbindung diverser Institutionen der vereinigten "Führer"- und Staatsgewalt im Bereich der SS und Polizei im Generalgouvernement organisatorisch umgesetzt wurde.

 

III. Ausbildungslager Trawniki

 

Die Feststellungen zum SS-Ausbildungslager Trawniki und den zugehörigen organisatorischen und personellen Massnahmen einschliesslich der Rekrutierung beruhen auf den gutachterlichen Ausführungen des Sachverständigen Dr. P., der sich zu diesem Themenbereich zahlreicher historischer Quellen bediente und die einzelnen Details hieraus nachvollziehbar ableitete und einer zutreffenden historischen Bewertung unterzog. Bestätigt wurden seine Ausführungen durch Zeugenvernehmungen und eingeführte Urkunden.

 

1. Sachverständiger Dr. P.: Einrichtung des Lagers, Personalverwaltung

 

Der Sachverständige Dr. P. machte auf der Grundlage ebenso umfangreicher wie gründlicher Auswertung von Quellen, wie schon unter C II Seite 45 f. ausgeführt, Angaben über die Einrichtung des Ausbildungslagers Trawniki und die Personalverwaltung. Auch hier seien - wie schon zuvor ausgeführt 114 - Akten nur bruchstückhaft vorhanden.

 

a) Planung

 

Der Sachverständige Dr. P. führte hierzu aus, dass die Errichtung des Ausbildungslagers Trawniki sowohl mit der geplanten Errichtung der Vernichtungslager im Generalgouvernement wie auch mit dem deutschen Angriff auf die Sowjetunion im Juni 1941 eng zusammengehangen sei.

 

Aus Geheimhaltungsgründen habe man das Personal möglichst gering halten wollen und deshalb auf fremdvölkisches, d.h. nicht deutsches Wachpersonal zurückgreifen müssen. Das auszubildende Wachpersonal sollte, wie dies Himmler selbst in einem Erlass vom 25.Juli 1941 vorgeschlagen habe, im Wesentlichen aus den Reihen der Kriegsgefangenen rekrutiert werden.

 

Mit Erlass vom 17.Juli 1941 habe Himmler den SS- und Polizeiführer im Distrikt Lublin, Odilo Globocnik, der frühzeitig Vorschläge zur Siedlungspolitik unterbreitet habe, zum "Beauftragten des Reichsführers-SS für die SS- und Polizeistützpunkte im Ostraum" ernannt und ihn mit der Errichtung sogenannter SS- und Polizeistützpunkte in den 1941 eroberten Gebieten beauftragt. Globocnik habe dementsprechend auch weitgehend unabhängig von der Zivilverwaltung im Generalgouvernement agieren können. Ihm sei ein Stab für den Aufbau eines Lagers für die Ausbildung der fremdvölkischen Wachmannschaften zugeteilt worden.

 

114 Siehe oben C II 3 Seite 260.