Justiz und NS-Verbrechen Bd.XXXVI

Verfahren Nr.758 - 767 (1971 - 1972)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.758 LG Kiel 02.08.1971 JuNSV Bd.XXXVI S.5

 

Lfd.Nr.758    LG Kiel    02.08.1971    JuNSV Bd.XXXVI S.26

 

dass die unverbesserlichen Elemente im Bedarfsfalle dem Konzentrationslager überstellt werden können, und dass einstweilen lt. Pkt.3) eine Entlastung vorgenommen werde. Die Häftlinge im Objekt X können so lange zurückbehalten werden, als dort gearbeitet werde.

7.) Der Gauleiter erklärte, dass keine Evakuierung aus Oberdonau stattfinde, daher mit einer Abschiebung von Häftlingen nicht zu rechnen sei, und dass er voraussichtlich auch keine Beförderungsmittel zur Abbeförderung des Inventars zur Verfügung stellen werde.

 

L. 7.4.1945

Dr. Sturma eh.    M.d.L.b.:   Welzel eh."

 

Die Verfügung des Generalstaatsanwalts in Linz vom 14.4.1945 an die Oberstaatsanwälte in Linz, Ried, Steyr und Wels sowie an die Vorstände der selbständigen Vollzugsanstalten im Bezirk hat die Freimachung von Sachwerten zum Gegenstand. Hierin werden die einzelnen Transportmittel bestimmt sowie angeordnet, was an Sachmitteln abzutransportieren ist. Es heisst hierin: "Oberster Grundsatz der Freimachung ist: Nichts darf dem Feind in die Hände fallen. Die Freimachung von Sachwerten erfolgt in erster Linie durch Zurückführung und ggf. durch Vernichtung." Es wird Wert darauf gelegt, dass alle in Betracht kommenden Massnahmen frühzeitig geplant und vorbereitet werden. In einer weiteren Verfügung des Generalstaatsanwalts in Linz vom gleichen Tage an die Vorstände des Zuchthauses in Garsten, des Arbeitshauses in Suben, der Haftanstalten in Linz, Ried und Wels betrifft die Räumung von Gefangenen im Falle der Feindbedrohung. Es heisst dort:

 

"Betrifft: Ausserordentliche Massnahmen im Falle der Feindbedrohung.

 

Unbeschadet des derzeitigen Evakuierungsverbots des Gauleiters sind alle Massnahmen vorzubereiten, die im Falle einer allenfalls notwendigen Räumung der Anstalt wegen Feindbedrohung zu treffen sind. Ich ordne deshalb über Anordnung des Gauleiters und Reichsverteidigungskommissars folgendes an:

1.) Der Bestand der Gefangenen ist sofort zu sichten. Die gemeingefährlichen (asozialen) und die staatspolitisch gefährlichen Häftlinge sowie die Judenmischlinge 1.Grades und die Zigeuner sind listenmässig zu erfassen. Sie sollen im Ernstfalle rechtzeitig der Polizei überstellt werden. Die Abgabe ist vorzubereiten, das Einvernehmen mit der Polizei bereits jetzt herzustellen.

2.) Für die Ausländer ist gleichfalls die Abgabe an die Polizei vorgesehen. Ich ermächtige Sie jedoch, Strafgefangene mit Strafen oder Reststrafen bis zu 3 Monaten bereits zu beurlauben und entweder der Polizei zu übergeben oder mit deren Einverständnis auf freien Fuss zu setzen. Bei der Überstellung an die Polizei ist die Persönlichkeit und Gefährlichkeit des Gefangenen hinreichend zu kennzeichnen.

3.) Hinsichtlich der Untersuchungsgefangenen ist die Entschliessung des Oberstaatsanwaltes (notfalls eines erreichbaren Richters) einzuholen. Eine Entlassung derjenigen Untersuchungsgefangenen, die für die Staatsinteressen oder die Bevölkerung eine Gefahr bedeuten würden, darf nicht erfolgen. Sie sind im Notfalle ebenfalls der Polizei zu übergeben, wobei zu der Unterrichtung schlagwortartig der Grund der Haft (z.B. Wehrkraftzersetzung, Heimtücke usw.) anzugeben ist.

4.) Wehrmachtgerichtliche Straf- und Untersuchungsgefangene sind dem Ortskommandanten bzw. Kommandeur einer Truppe zu übergeben.

5.) Die Anstalten in Suben und Ried haben in erster Linie eine Verlegung der nicht entlassungsfähigen Häftlinge nach dem Westen vorzubereiten. Dabei ist davon auszugehen, dass Transportmittel nicht zur Verfügung stehen.

6.) NN-Gefangene dürfen nicht in Freiheit gesetzt werden.