Justiz und NS-Verbrechen Bd.XLIX

Verfahren Nr.920 - 924 (2002 - 2012), 880 (Erratum), 950 - 959 (1945 - 1960; Nachtragsverfahren)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.924 LG München II 12.05.2011 JuNSV Bd.XLIX S.227

 

Lfd.Nr.924    LG München II    12.05.2011    JuNSV Bd.XLIX S.255

 

Zeitgleich mit dem Urteil erging eine Verfügung des Innenministeriums, welches die Ausweisung des Angeklagten und seine Inhaftierung bis zu diesem Zeitpunkt anordnete.

 

e) Nachdem sich der Generalstaatsanwalt in Israel dafür entschieden hatte, gegen den Angeklagten keine neue Anklage wegen des Vorwurfs, Wachmann im Vernichtungslager Sobibor gewesen zu sein, zu erheben, richteten mehrere Antragsteller eine Petition an den Israelischen Obersten Gerichtshof als Verfassungsgericht mit dem Ziel, die Gründe darlegen zu lassen, weshalb kein neues Ermittlungsverfahren gegen den Angeklagten eingeleitet würde, ferner eine Verfügung zu erlassen, welche den Generalstaatsanwalt verpflichten sollte, die Zustimmung der US-Behörden einzuholen, den Angeklagten wegen seiner Tätigkeit in Sobibor vor Gericht zu stellen.

 

Mit Urteil vom 11.August 1993 wies der Verfassungsgerichtshof die Anträge ab. Der Angeklagte wurde sodann in die USA zurückgeschoben.

 

3. Fortsetzung des ersten Verfahrens in Ohio

 

Am 24.Februar 1994 und 20.Februar 1998 hoben US-Gerichte die früheren Entscheidungen im Auslieferungsverfahren und im Ausbürgerungsverfahren wegen Verfahrensfehlern auf, liessen aber der Staatsanwaltschaft die Entscheidung offen, auf Grund neuer Beweise ein neues Verfahren gegen den Angeklagten einzuleiten.

 

4. Zweites Ausbürgerungsverfahren in Ohio

 

In dem durch die Staatsanwaltschaft neu eingeleiteten Verfahren entschied der US District Court of Ohio am 21.Februar 2002 auf Ausbürgerung des Angeklagten, weil er als Wachmann im Vernichtungslager Sobibor für die SS tätig gewesen sei und sich daher die US-Staatsbürgerschaft durch unwahre Angaben erschlichen habe. Am selben Tag erging die Abschiebungsentscheidung. Die Entscheidungen wurden durch Verwerfung der jeweiligen Rechtsmittel am 20.April 2005 bzw. 7.Mai 2009 rechtskräftig. Die letzte Entscheidung des US Supreme Court, mit der ein Antrag des Angeklagten auf Aufschub der Abschiebung nach Deutschland abgelehnt wurde, erging am 7.Mai 2009.

 

5. Abschiebung und Haft in Deutschland

 

Am 14.April 2009 wurde der Angeklagte zum Zweck der Abschiebung in den USA festgenommen, am selben Tag aber wieder auf freien Fuss gesetzt. Am 11.Mai 2009 wurde er erneut verhaftet und direkt in ein Flugzeug gebracht, das ihn nach Deutschland flog, wo er am 12.Mai 2009 landete. Seit diesem Tag befand sich der Angeklagte auf Grund des Haftbefehls des Amtsgerichts München bis zum Tag der Entlassung am 12.Mai 2011 ununterbrochen in Untersuchungshaft.

 

X. Gesundheitszustand

 

Seit 2004/2005 leidet der Angeklagte an einem Myelodysplastischen Syndrom (MDS). Es führt auf Grund mangelnder Produktion roter Blutkörperchen zu Anämie. Seither bekommt der Angeklagte in Abständen von vier bis sechs Wochen Bluttransfusionen. Weiterhin leidet er an einer degenerativen Wirbelsäulenveränderung und einer Einengung des Wirbelsäulenkanals (Spinalstenose) im Bereich der Lendenwirbel, möglicherweise auch von der Kriegsverletzung herrührend, die ihn in der Beweglichkeit einschränken und schmerzhaft sind. Ebenso hinderlich sind eine Kniegelenksarthrose mit beiderseitigen Zysten in der Kniekehle (Bakercysten) und gichtähnlich wirkende Ablagerungen von Calciumverbindungen in den Knien (Chondrocalcinose). Anhaltspunkte für Gehirnverletzungen oder psychische Beeinträchtigungen,