Justiz und NS-Verbrechen Bd.XLIX

Verfahren Nr.920 - 924 (2002 - 2012), 880 (Erratum), 950 - 959 (1945 - 1960; Nachtragsverfahren)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.924 LG München II 12.05.2011 JuNSV Bd.XLIX S.227

 

Lfd.Nr.924    LG München II    12.05.2011    JuNSV Bd.XLIX S.253

 

der Angeklagte wie viele seiner Landsleute von den US-Amerikanern nicht repatriiert und der Sowjetunion überstellt.

 

Er verbrachte die Zeit bis zu seiner Auswanderung in die Vereinigten Staaten in verschiedenen Flüchtlingslagern in Landshut, Regensburg, Ulm, Bad Reichenhall und Feldafing (Landkreis Starnberg). Vor den für die Anerkennung als "Displaced Person" zuständigen Ämtern und im Antrag auf Erteilung eines Einreisevisums verschwieg der Angeklagte seine Tätigkeit in den Trawniki-Einheiten. Vielmehr stellte er sich als jemand dar, der als Kriegsgefangener an Arbeitsstellen Dienst getan habe.

 

Auf einer Registrierungskarte für "Displaced Persons" und einem Antrag auf Unterstützung ("A.E.F.D.P. Registration Record" nebst Anlagen) gab der Angeklagte am 27.August 1947 als letzten Wohnsitz am 1.Januar 1938 "Chelm" an.

 

In einem Antrag auf Unterstützung ("Application for Assistance") gab der Angeklagte am 29.März 1948 seine Aufenthaltsorte vor und während des Krieges mit "1937/4 - 1943/1 Sobibor - Chelm - Polen", "1943/1 - 1944/10 Pilawu - Deutschland" und "1944/10 - 1945/5 München - Deutschland" an. In Sobibor sei er als Fahrer, in "Pilawu" im Hafen tätig gewesen und in München in einem Durchgangslager gewesen. Er sei 1937 von Koziatyn (UdSSR) nach Polen geflohen, wo er bis 1943 gelebt habe und dann nach Deutschland verschleppt worden sei. Auf Grund dieser Angaben verfügte der Sachbearbeiter der Militärbehörde, dass der Angeklagte als Flüchtling zu betrachten sei.

 

Die US-Behörden gingen davon aus, dass der Angeklagte ein russischer Kriegsgefangener im Zwangsarbeitsdienst gewesen sei. In Unkenntnis seiner Tätigkeit als Trawniki-Mann behandelten sie ihn als "Displaced Person".

 

1947 heiratete er in Regensburg seine 1925 in Molodeschno geborene Ehefrau Vin.

 

2. Auswanderung in die USA und Einbürgerung

 

Der Angeklagte hatte bei der Befragung durch die alliierten Militärbehörden von Anfang den Wunsch geäussert, nach Amerika auszuwandern, um nicht in die Hände der sowjetischen Behörden zu fallen.

 

In einem Antrag auf Erteilung eines Einwanderungsvisums ("Application for Immigration Visa and Alien Registration") gab der Angeklagte am 27.Dezember 1951 für die Zeit vor und während des Krieges die gleichen Aufenthaltsorte an wie schon zuvor. Er unterzeichnete die Erklärung und beeidete sie vor dem US-amerikanischen Vizekonsul Harold L. Henrikson. Dementsprechend wurde der Angeklagte als "Displaced-Person-Einwanderer" klassifiziert und ihm am 27.Dezember 1951 die Einwanderung gewährt.

 

1952 reiste der Angeklagte zusammen mit seiner Frau in die USA. Dort wurde er am 14.November 1958 eingebürgert und nahm den Vornamen "John" an. Er lebte in Ohio und war dort in einer Automobilfabrik tätig. Sein letzter Wohnsitz in den USA war ... Seven Hills, Ohio. Der Angeklagte hat eine verheiratete Tochter.

 

IX. Die Verfahren gegen den Angeklagten

 

1. Erstes Ausbürgerungsverfahren in Ohio

 

Nachdem der Angeklagte 1977 von einer Person als einer der Wachmänner des Vernichtungslagers Sobibor wieder erkannt wurde, leitete eine später "Office of Special Investigations"