Justiz und NS-Verbrechen Bd.XLIX

Verfahren Nr.920 - 924 (2002 - 2012), 880 (Erratum), 950 - 959 (1945 - 1960; Nachtragsverfahren)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.924 LG München II 12.05.2011 JuNSV Bd.XLIX S.227

 

Lfd.Nr.924    LG München II    12.05.2011    JuNSV Bd.XLIX S.236

 

1250 Männer vornehmlich ukrainischer Nationalität aus den Lagern gezogen. Von diesen erwartete man ebenfalls eine eher russenfeindliche Einstellung.

 

Ab Herbst 1942 wurden junge Ukrainer im Distrikt Galizien, die noch nicht zur Sowjetarmee eingezogen worden waren, von den Kommunalverwaltungen zum Dienst für SS und Polizei eingezogen. Mitte 1943 war die Mannschaftsstärke auf 3700 gestiegen. Bis Juli 1944, also bis zum Einmarsch der Roten Armee im Raum Lublin, waren insgesamt an die 5000 Mann für das Ausbildungslager Trawniki rekrutiert worden.

 

Die Rekrutierung in den Kriegsgefangenenlagern geschah durch SS-Offiziere. Sie suchten Leute, die noch in gutem körperlichem Zustand waren. Im Regelfall forderten die SS-Werber die Soldaten im Lager auf, sich freiwillig für Arbeitsdienste für die deutsche Wehrmacht zu melden. Die SS nutzte dabei den Umstand aus, dass die sowjetischen Soldaten in den Kriegsgefangenenlagern dahinvegetierten und daher jede Möglichkeit einer deutlich besseren Behandlung ergreifen würden. In einzelnen Fällen wurden die Soldaten, die nach Trawniki gebracht werden sollten, von den SS-Leuten nach Aussehen ausgesucht, ohne gefragt zu werden, ob sie bereit seien, für die Deutschen zu arbeiten. Die Aussicht, nicht im Kriegsgefangenenlager an Hunger oder Krankheit sterben zu müssen, förderte die Bereitwilligkeit der Gefangenen, sich zu diesen Diensten zu melden oder hinzunehmen, dass man für diese ausgesucht wurde.

 

3. Personalverwaltung

 

Nach der Ankunft im Ausbildungslager Trawniki teilten die Offiziere den rekrutierten Kriegsgefangenen mit, dass sie Wachdienste für die SS leisten müssten. Sie stellten den Angekommenen frei, sich für diesen Dienst zu melden oder es abzulehnen. Wer nicht einverstanden sei - so wurde gesagt -, komme ins Kriegsgefangenenlager der SS nach Lublin-Majdanek. Aus Furcht, dort wieder den gleichen schlechten Lebensbedingungen unterworfen zu sein wie im vorhergehenden Kriegsgefangenenlager, akzeptierten fast alle Rekrutierten den neuen Dienst, wobei viele sich vorbehielten, bei späterer Gelegenheit dem Dienst wieder zu entkommen.

 

a) Registrierung

 

Die Trawniki-Männer wurden registriert. Ihre persönlichen Daten, Personenbeschreibung, Nationalität, bisheriger Militärdienst, Sprachkenntnisse wurden in einem Personalbogen erfasst. Dieser Bogen hatte Raum für Eintragungen über Urlaubsgewährung, Lazarettaufenthalte, Versetzungen zu Standorten, "Führung" und Strafen.

 

Mit der Registrierung wurde dem Mann eine fortlaufende Nummer ("Erkennungsnummer") zugeteilt und im Personalbogen eingetragen. Er behielt diese Nummer während seiner gesamten Dienstzeit; sie diente im Schriftverkehr der Identifizierung des Mannes. Der Personalbogen enthielt einen Fingerabdruck des rechten Daumens des Mannes und ein Foto nach Art eines Passfotos, auf dem der Mann mit neuer Uniform und einem Schild mit seiner Dienstnummer abgebildet war.

 

Der Personalbogen enthielt eine in deutsch und in russisch gedruckte Erklärung, worin der Mann "an Eides Statt" versicherte, dass seine Angaben der Wahrheit entsprächen, dass er arischer Abstammung sei (dass also unter seinen Vorfahren keine Juden wären) und dass er weder Mitglied der Kommunistischen Partei noch der Kommunistischen Jugendorganisation (Komsomol) gewesen sei. Diese Erklärung hatten die Männer zu unterzeichnen. Darüber hinaus mussten die neuen Trawniki-Männer eine separate, in deutsch und russisch gedruckte "Dienstverpflichtung" folgenden Inhalts unterzeichnen: