Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam
Lfd.Nr.594a LG Bonn 23.07.1965 JuNSV Bd.XXI S.235
dass in Chelmno Juden getötet werden sollten. Die Art und Weise der Tötungen beobachtete er später aus nächster Nähe, weil er sich häufig mit Lange und Bothmann im Schlossbereich aufhielt, wenn die Transporte ankamen. Oftmals fuhr er Lastkraftwagen mit den jüdischen Menschen, die vor der Einzäunung des Schlosses auf der Strasse hielten, weil sie von fremden, nicht zum Sonderkommando gehörenden Fahrern bedient wurden, in den Schlosshof. Diese Transporte mit fremden Fahrern wurden ihm stets vorher angekündigt, und er hatte sich dann bereitzuhalten, die Fahrzeuge jeweils von der Strasse in den umzäunten Schlossbezirk zu fahren und nach dem Absteigen der Opfer wieder nach draussen zu bringen. In gleicher Weise nahm er sich der Fahrzeuge an, die das im Schlossbereich gestapelte Gepäck der Opfer und ihre Kleidung abholten.
Auf Anforderung Langes hielt er etwa 3-4mal vor dem Schloss Ansprachen an die ankommenden Juden, um sie über das ihnen zugedachte Schicksal zu täuschen und ihnen vorzuspiegeln, dass sie nach dem Baden zum Arbeitseinsatz nach Deutschland kämen. Einmal zog er ohne ausdrücklichen Befehl einen weissen Mantel an, der im Gepäck eines jüdischen Arztes gefunden worden war und häufig von anderen Angehörigen des Sonderkommandos zur Irreführung der eintreffenden Juden getragen wurde. Er wollte damit einer jüdischen Frau, die nach einem Arzt verlangt hatte, weil sie unpässlich war und deshalb nicht baden wollte, vortäuschen, dass er Arzt wäre. Er erklärte ihr, sie sollte ruhig zum Bad gehen, dort wäre ein Arzt, dem sie ihre Angelegenheit vortragen könne. Auf diese Weise veranlasste er sie, sich den anderen Opfern auf dem Weg in den Gaswagen anzuschliessen.
Ausserdem sprang der Angeklagte in einer nicht mehr bestimmbaren Anzahl von Fällen, mindestens aber 10mal, für die Fahrer des Gaswagens ein, wenn diese verhindert waren. Dies entsprach einer grundsätzlichen Anweisung Bothmanns, der ihm gesagt hatte, er müsse die Führung der Gaswagen übernehmen, wenn jemand ausfiele. Der Angeklagte übte in diesen Fällen die volle Funktion des vertretenden Fahrers aus, fuhr also den Wagen rückwärts an die Rampe, setzte den Motor in Betrieb, sobald die Opfer in das Fahrzeug geführt worden waren und ein polnischer Häftling den Schlauch mit dem Auspuff verbunden hatte, und fuhr nach der üblichen Wartezeit, wenn das Schreien und Klopfen im Wageninneren aufhörte und die Menschen durch die Motorabgase erstickt oder ohnmächtig waren, die Leichen bzw. die Ohnmächtigen zum Waldlager. Schliesslich half der Angeklagte, sofern er keine anderweitige Beschäftigung hatte, beim Sortieren der Wertsachen, die von den Opfern hinterlassen wurden. Auf diese Weise wirkte der Angeklagte bei der Ermordung von mindestens 145000 Menschen in der ersten Lagerperiode mit.
In der zweiten Vernichtungsperiode fiel dem Angeklagten neben der Tätigkeit als Fahrer des Kommandoführers auch die Tätigkeit als stellvertretender Schirrmeister zu. In dieser Eigenschaft sorgte er mit für die Unterhaltung des aus mehreren Lastkraftwagen, zwei Gaswagen und einem Personenkraftwagen bestehenden Fahrzeugparks des Vernichtungskommandos. Ferner verwaltete er die Wertsachen der Opfer. Hierbei halfen ihm zwei jüdische Häftlinge. Als eines Tages im Gepäck eines jüdischen Arztes Instrumente zur Zahnbehandlung aufgefunden worden waren, probierte der Angeklagte diese zum Zeitvertreib bei zwei jüdischen Arbeitern aus. Er versuchte ihnen einige Zähne zu ziehen, brach diese dabei aber ab und fügte seinen Opfern durch seine Handlungsweise erhebliche Schmerzen zu. Andererseits bewahrte er einen der Häftlinge, an den er sich im Laufe der Zeit gewöhnt hatte, bei zwei Gelegenheiten vor einer möglichen Erschiessung, indem er sich einmal bei Bothmann für ihn verwendete, als dieser den Häftling zur Tötung aussondern wollte, und indem er in einem anderen Falle den Häftling frühmorgens aus seiner Unterkunft holte und ihn bei sich beschäftigte, als er erfahren hatte, dass wegen des Fluchtversuches des jüdischen Arbeiters Goldberg 15 seiner Mithäftlinge erschossen werden sollten.
In der zweiten Vernichtungsperiode wirkte der Angeklagte bei der Ermordung von mindestens 7100 Personen mit.
Der Angeklagte kaufte bei der Ghettoverwaltung in Lodz mehrfach Wertsachen, die bei der Vernichtungsaktion angefallen waren. Diejenigen Gegenstände, die ihm beim Sortieren auffielen und ihm zusagten, übergab er Bothmann und erklärte ihm, dass er sie