Justiz und NS-Verbrechen Bd.I

Verfahren Nr.001 - 034 (1945 - 1947)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

 

Lfd.Nr.013a LG Kiel 03.01.1947 JuNSV Bd.I S.209

 

Lfd.Nr.013a    LG Kiel    03.01.1947    JuNSV Bd.I S.214

 

politischen Gegnern und Zersetzern verlangte. Bezeichnend hierfür sind der fragliche Führerbefehl und die Werwolfsendungen, die von der Flakbesatzung abgehört worden sind. Hierdurch entstand, wie auch der Angeklagte betont hat, eine allgemeine Psychose vor Sabotage und Verrätern. Der Angeklagte ist daher in gewisser Hinsicht als das Opfer einer verhängnisvollen Führung zu betrachten.

 

Für die Strafzumessung waren folgende Gründe massgebend: §213 StGB droht Gefängnisstrafe von 6 Monaten bis zu 5 Jahren an. Die Tat des Angeklagten stellt sich jedoch auch als Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne des Artikel II 1c des Gesetzes Nr.10 des Kontrollrates dar. Nach Ziffer 4b des Erlasses der Militärregierung - SchlHA 1946 Seite 445 - können unter diesen Umständen die Gerichte Strafen gemäss Artikel II 3 des Kontrollratsgesetzes verhängen, wenn sie die im deutschen Gesetz angedrohten Strafen für unzureichend halten. Das Gericht ist daher an den Höchstbetrag der Gefängnisstrafe von 5 Jahren nicht gebunden. Bei der Bemessung der Strafe war strafmildernd zu werten, dass der Angeklagte sich bisher nichts hat zuschulden kommen lassen und darüber hinaus bemüht hat, stets vorbildlich seine Pflicht zu tun. Auf der anderen Seite war strafschärfend die Art und Weise zu berücksichtigen, in der die Tat ausgeführt worden ist. Es zeugt von einer empörenden Roheit, wie der um Gnade bittende Roos niedergeschossen und, ohne dass der Angeklagte sich von seinem Tode überzeugte, über Bord geworfen wurde. Das Gericht hat daher unter Überschreitung des Strafrahmens des §213 StGB eine Gefängnisstrafe von 6 Jahren für erforderlich gehalten.

 

Die Anrechnung der Untersuchungshaft beruht auf §60 StGB. Die Kostenentscheidung folgt aus §465 StPO.