Justiz und NS-Verbrechen Bd.XVIII

Verfahren Nr.523 - 546 (1961 - 1963)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.527a LG Trier 20.12.1961 JuNSV Bd.XVIII S.135

 

Lfd.Nr.527a    LG Trier    20.12.1961    JuNSV Bd.XVIII S.140

 

Ausdruck komme, sei ohne Belang. Es sei deshalb für die Rechtmässigkeit und Verbindlichkeit einer Anordnung ohne Bedeutung, ob sie in Form eines Gesetzes, einer Verordnung, eines Erlasses oder einer blossen Weisung erfolge. Darüberhinaus nahm Adolf Hitler bei Ausbruch des Krieges ausdrücklich das Recht für sich in Anspruch, über Leben und Tod jedes einzelnen Staatsbürgers zu entscheiden, da die Gerichte den im Kriege an die Justiz gestellten Anforderungen nicht gerecht werden könnten. Angehörige der Sicherheitspolizei und des SD sowie der SS-Totenkopfverbände waren deshalb bereits zu Beginn des Krieges daran gewöhnt, dass die Tötung von Menschen lediglich administrativ angeordnet wurde. Bei vielen bildete sich aus dieser Gewöhnung eine Mentalität heraus, die die durch einen blossen Befehl angeordnete rechtswidrige Tötung nicht mehr als Unrecht ansah.

 

Schliesslich war die SS in ihrer Gesamtheit in den Grundsätzen der "unbedingten Treue" und des "absoluten Gehorsams" erzogen worden. An diesen Leitbildern sollte sich ihre gesamte Haltung orientieren. Für einen wirklichen SS-Mann sollte der Grundsatz gelten: "Führerworte sind Gesetzesworte", die als richtig und unantastbar hinzunehmen und kritiklos zu befolgen waren.

 

IV.

 

Das spätere SS-Sonderlager Hinzert war im Jahre 1938 als Barackenlager für die Unterbringung von OT-Arbeitern errichtet worden. Es brannte dann bis auf eine Baracke ab. Ende des Jahres 1939 begann man mit dem Neuaufbau. Das neu errichtete Lager, dem organisatorisch je ein Nebenlager in Wittlich/Eifel und Vicht bei Aachen angegliedert waren, wurde nunmehr dem Kommando des Höheren SS- und Polizeiführers in Wiesbaden als "SS-Sonderlager und Polizeihaftlager" unterstellt. Nach seiner Zweckbestimmung sollte es jetzt ein "Arbeits- und Erziehungslager" sein. Als sog. "Zöglinge" wurden zunächst OT-Leute eingewiesen, die beim Bau des Westwalls eingesetzt waren und bei der Arbeit gebummelt oder diese verweigert hatten. In der Regel verblieben sie 8 Wochen zur "Erziehung" in Hinzert. In dieser Zeit wurden sie täglich in Omnibussen zu ihrer Arbeitsstelle gebracht. Während ihrer Freizeit waren sie einer strengen militärischen Ordnung im Lager unterworfen und wurden politisch geschult.

 

Am 1.Juli 1940 unterstellte der Reichsführer-SS das Sonderlager Hinzert dem Inspekteur der Konzentrationslager und ordnete kurz darauf die Übernahme der SS-Führer und Männer in die SS-Totenkopfverbände der Waffen-SS an. Die SS-Führer und Mannschaften in Hinzert, die bis dahin ihre Dienstgrade bei der allgemeinen SS geführt hatten, erhielten nun, teilweise unter Zurückstufung, die bei den SS-Totenkopfstandarten üblichen militärischen Dienstränge.

Von dieser Zeit ab verlor das Lager Hinzert allmählich seinen bisherigen ausschliesslichen Charakter eines "Erziehungslagers". Im Jahre 1940 wurden nach dem Frankreichfeldzug zeitweise ehemalige Angehörige der Fremdenlegion dort festgehalten. Ab Frühjahr 1941 folgten - wenn auch zunächst noch in geringem Umfang - luxemburgische und französische Widerstandskämpfer, sog. E-Polen (eindeutschungsfähige Polen), russische und polnische Fremdarbeiter, die der Arbeitsverweigerung bezichtigt wurden, sowie Belgier und Holländer, denen verbotener Grenzübertritt vorgeworfen wurde. Meist verblieben sie nur einige Wochen oder Monate in Hinzert und wurden dann regelmässig in ein Konzentrationslager überbracht. Ab 1942 nahm das Lager Hinzert immer mehr den Charakter eines KZ-ähnlichen Durchgangslagers an.

 

Das Sonderlager Hinzert bestand aus zwei durch die Strasse Hermeskeil - Pölich voneinander getrennten Barackenlagern. Rechts der Strasse - in Richtung Hermeskeil gesehen - lag am Rande eines Waldes das sog. "SS-Lager". Es bestand aus einer Reihe von Baracken, die um einen grossen freien Platz errichtet waren. Im einzelnen waren es: eine Kommandantur-, eine SS-Verwaltungs-, eine SS-Küchen- und -Kantinen-, eine Garagen- und Werkstatt- sowie mehrere Unterkunftsbaracken. Hier waren die SS-Führer und Mannschaften des Sonderlagers untergebracht.

Links der Strasse lag das sog. Häftlingslager. Es bildete nach seiner Anlage ein grosses