Justiz und NS-Verbrechen Bd.XVIII

Verfahren Nr.523 - 546 (1961 - 1963)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.527a LG Trier 20.12.1961 JuNSV Bd.XVIII S.135

 

Lfd.Nr.527a    LG Trier    20.12.1961    JuNSV Bd.XVIII S.136

 

und wurde Unterführeranwärter bei der Flakartillerie. 1938 wurde er als Maurer zum Bau des Westwalls dienstverpflichtet. Zu Beginn des 2.Weltkrieges meldete er sich freiwillig zum Wehrdienst bei der Flakartillerie. Man bedeutete ihm jedoch, er möge seine Einberufung abwarten. Im Oktober 1939 wurde er dann zur Verstärkung der SS-Totenkopfverbände (Polizeiverstärkung) nach Wiesbaden einberufen. Im Krankenrevier der dortigen Polizeikaserne erhielt er eine kurze Ausbildung als Sanitäter und wurde Ende Oktober 1939 als solcher zum Lager Hinzert versetzt. Dort war er zunächst hauptsächlich im Revier, teilweise auch als Wachmann eingesetzt. Durch den damaligen Lagerarzt Dr. Liesauer erhielt er eine weitere Ausbildung im Sanitätswesen und besuchte später drei mehrwöchige Fortbildungskurse im SS-Lazarett Berlin-Lichterfelde, im KZ Sachsenhausen und in Wiesbaden. Anfang 1940 war er zum SS-Unterscharführer, im gleichen Jahr weiter zum SS-Scharführer befördert worden. Nach seiner Ernennung zum SS-Oberscharführer im Jahre 1941 fand er als Sanitätsdienstgrad des SS-Sonderlagers Hinzert Verwendung.

 

Im Jahre 1941 nahm der Angeklagte im Lager Hinzert erstmals nähere Verbindung zu verschiedenen luxemburgischen Häftlingen auf. Er bot diesen an, für sie Briefe an ihre Angehörigen zu übermitteln und Pakete mit Esswaren von den Angehörigen der Häftlinge aus Luxemburg heranzuschaffen. Der Angeklagte sollte für seine Dienste einen Teil der Pakete oder sonstige Mangelwaren (Tabak, Zigaretten, etc.) erhalten.

Eine Reihe von luxemburgischen Häftlingen ging auf dieses Angebot ein. Der Angeklagte B. fuhr dann, teilweise zusammen mit dem Angeklagten F. oder dem SS-Oberscharführer Mehdenbach nach Luxemburg und holte dort die Pakete mit den Esswaren ab, oder er liess sie von den Angehörigen der Häftlinge nach Trier bringen und schaffte sie von dort aus ins Lager. Einen Teil der hierbei empfangenen Esswaren verbrauchte er für sich. Einen weiteren Teil liess er seiner Familie, dem Lagerkommandanten S. oder Angehörigen seiner vorgesetzten Dienststelle im SS-Sanitätsamt in Berlin zukommen. Wieviel der Angeklagte jeweils für sich zurückbehalten hat, war nicht mehr festzustellen. Ende des Jahres 1942 erhielt die Gestapostelle Trier Kenntnis von diesen Vorgängen und führte Ermittlungen in Luxemburg durch. Anschliessend wurde der Angeklagte B. im Januar 1943 verhaftet und im Lager Hinzert arrestiert. Am 20.Oktober 1943 verurteilte ihn das SS- und Polizeigericht XIV in Metz auf Grund von §4 der VolksschädlingsVO zu 10 Jahren Zuchthaus unter Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte für die gleiche Zeit und Ausstossung aus der SS. Das Urteil ist nach dem Kriege aufgehoben und der Strafvermerk im Strafregister getilgt worden. Der frühere Kriminalkommissar Schmitt bei der Gestapostelle Trier, der die Ermittlungen gegen B. geleitet hat, bezeichnet das Urteil als ausserordentlich hart. Er gibt an, er habe lediglich mit einer Disziplinarstrafe für die Beteiligten gerechnet.

 

Am 1.Februar 1944 wurde der Angeklagte zur Verbüssung seiner Strafe dem Strafbataillon für Angehörige der SS und Polizei im Konzentrationslager Dachau überstellt. Dort zeichnete er sich bei einem Luftangriff auf die Stadt München dadurch aus, dass er aus einem brennenden, mit Schülern besetzten Personenzug eine Reihe bereits verletzter oder durch das Feuer gefährdeter Schüler rettete. Als Anerkennung für diese Tat erhielt er einen 10tägigen Urlaub. Mit Wirkung vom 15.Dezember 1944 wurde die gegen ihn verhängte 10jährige Zuchthausstrafe im Gnadenwege widerruflich in eine Gefängnisstrafe von gleicher Dauer umgewandelt. Gleichzeitig wurden ihm die Wehrwürdigkeit und die bürgerlichen Ehrenrechte einstweilen wieder zuerkannt. Der weitere Strafvollzug wurde zwecks Bewährung bei der SS-Sturmbrigade "Dirlewanger" ausgesetzt. Von Ende des Jahres 1944 ab befand sich der Angeklagte bei dieser Einheit im Fronteinsatz. Er zog sich mehrere Verwundungen (Oberarm-, Knie- und Unterschenkeldurchschuss) zu und kam deswegen in ein Frontlazarett. Als dieses im April 1945 von russischen Truppen besetzt wurde, geriet der Angeklagte in Gefangenschaft, aus der er im Juli 1945 entlassen wurde, da er nicht arbeitsfähig war. In Luckenwalde übernahmen ihn Angehörige der amerikanischen Besatzungsmacht und verbrachten ihn in ein Lazarett nach Heilbronn. Dort gab er bei einer Vernehmung an, dass er während des Krieges im SS-Sonderlager Hinzert eingesetzt war. Da der Angeklagte aber jetzt befürchten musste, automatisch arrestiert zu werden, bestach er einen amerikanischen Sergeanten und erhielt noch im Juli 1945 einen Entlassungsschein. Er begab