Justiz und NS-Verbrechen Bd.XXXVI

Verfahren Nr.758 - 767 (1971 - 1972)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.758 LG Kiel 02.08.1971 JuNSV Bd.XXXVI S.5

 

Lfd.Nr.758    LG Kiel    02.08.1971    JuNSV Bd.XXXVI S.12

 

Anweisung des Dr. Be. hin wurde Ric. am 1.Oktober 1936 in die SS (SD) aufgenommen. Zugleich trat er aus der SA aus.

 

Am 1.Juli 1938 wurde er von Allenstein zum geheimen Staatspolizeiamt nach Berlin versetzt. Zugleich wurde er nach Wien zur Dienstleistung beim Inspekteur der Sicherheitspolizei abgeordnet und dort im Zuge der Liquidierung der Aufgaben des österreichischen Innenministeriums der Abteilung des damaligen Staatssekretärs für öffentliche Sicherheit zugeteilt. Im September 1938 wurde er in Wien rückwirkend vom 1.Juni 1938 zum Regierungsrat ernannt. Am 1.November 1938 wurde er SS-Hauptsturmführer und am 9.November 1938 SS-Sturmbannführer.

Nach Beginn des Einmarsches deutscher Truppen in die "Tschechoslowakei" am 15.März 1939 nahm Ric. im März und April 1939 am Einmarsch in Böhmen und Mähren als Verbindungsoffizier zwischen der Einsatzgruppe der Sicherheitspolizei und der Dienststelle des Chefs einer Zivilverwaltung teil. Ab 1.Juli 1939 war der Angeklagte im geheimen Staatspolizeiamt in Berlin tätig, danach als staatspolizeilicher Sachbearbeiter beim Chef der Zivilverwaltung beim Armeeoberkommando 14 und dann beim höheren SS- und Polizeiführer in Posen. Ab Januar 1940 war Ric. als Referent im Reichssicherheitshauptamt (Hauptamt Sicherheitspolizei des Reichsinnenministeriums) in Berlin tätig.

 

Am 25.April 1940 schloss der Angeklagte Ric. die Ehe mit Ingelore Boc., jetzt verehelichte Ko. Aus dieser ersten Ehe, die 1950 geschieden wurde, sind ein Sohn und zwei Töchter hervorgegangen im Alter von jetzt 29, 28 und 26 Jahren. Seit dem 17.Mai 1958 ist der Angeklagte mit Luise Güm. verheiratet.

 

Am 26.Januar 1942 wurde der Angeklagte Ric. zum Osteinsatz abkommandiert und übernahm mit Wirkung vom 1.April 1942 die Führung des Einsatzkommandos 8 in Mogilew. Seine Tätigkeit beim Einsatzkommando 8 in Mogilew - Massenexekutionen - war Gegenstand des Schwurgerichtsverfahrens III 2/68, 2 Ks 1/68 gegen Ric. und Ha. 5.

 

Am 9.September 1942 wurde Ric. dem Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD in Berlin zur Dienstleistung zugeteilt. In einem Vermerk des Reichssicherheitshauptamtes vom 9.Oktober 1943, betreffend die Beförderung des Angeklagten Ric. zum SS-Obersturmbannführer (DC-Unterlagen) ist niedergelegt, dass Ric. im Osten führungsmässig als Kommandeur versagt habe und dass der Chef der Einsatzgruppe D Ric. als den Typ des Menschen bezeichnet habe, der als Kommandoführer nicht geeignet sei. In Paris trat der Angeklagte Ric. im November 1942 seinen Dienst als Untersuchungsführer beim höheren SS- und Polizeiführer an. Seine Stellung entsprach innerhalb der SS- und Polizeigerichtsbarkeit etwa der eines Staatsanwaltes. Zu seinem Aufgabenbereich gehörte die Ahndung von Straftaten, die von Angehörigen der Staatspolizei, Sicherheitspolizei, Kriminalpolizei, des Sicherheitsdienstes und der geheimen Feldpolizei begangen worden waren.

Am 20.April 1943 wurde der Angeklagte Ric. Oberregierungsrat und am 9.November 1943 zum SS-Obersturmbannführer befördert.

 

Durch sein Durchgreifen beim Aufdecken von Unregelmässigkeiten machte er sich in Paris unbeliebt. Das führte schliesslich dazu, dass Ric. auf Betreiben des damaligen Befehlshabers der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes in Paris abgelöst und im Juli 1944 nach Frankfurt/Oder abgeordnet und dort zum kommissarischen Leiter der dortigen Staatspolizeistelle bestellt wurde. In Frankfurt/Oder blieb er bis Anfang Februar 1945. Seine Tätigkeit als Staatspolizeistellenleiter im Zusammenhang mit den Massenerschiessungen von Gefangenen des Zuchthauses Sonnenburg am 30./31.Januar 1945 ist Gegenstand dieses Strafverfahrens.

 

5 Siehe Lfd.Nr.702.