Justiz und NS-Verbrechen Bd.XVIII

Verfahren Nr.523 - 546 (1961 - 1963)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.526a LG Karlsruhe 20.12.1961 JuNSV Bd.XVIII S.69

 

Lfd.Nr.526a    LG Karlsruhe    20.12.1961    JuNSV Bd.XVIII S.105

 

bis zu 10 Jahren, waren Juden, die allein ihrer Rasse wegen erschossen wurden; von diesen wiederum erschoss Dr. Schumacher selbst wenigstens 25, darunter 2 Kinder. Selbst zur Waffe zu greifen, hielt er für erforderlich, um von seinen Untergebenen, den Schützen der Exekution, nicht mehr verlangen zu müssen, als er selbst zu tun bereit war.

Über die genannten 70 Juden hinaus, an deren Exekution er selbst teilnahm, wurden während seiner 4monatigen Tätigkeit als Leiter von IV/V mit seinem Einverständnis wenigstens weitere 70 Juden allein ihrer Rasse wegen - Männer, Frauen und Kinder - zur Exekution vorgeschlagen und sodann auch erschossen.

 

cc. Der Angeklagte Brünnert leitete während seiner Dienstzeit in Kiew zwei bis drei Exekutionen, bei denen 70-80 Personen erschossen wurden; wenigstens 15 davon, darunter wenigstens 1 Kind, das Brünnert selbst erschoss, waren Juden, die allein aus rassischen Gründen liquidiert wurden. Dass er nur zu wenigen Exekutionen als Leiter befohlen wurde, lag in seiner Adjutantenstellung begründet. Dagegen nahm er an mehreren Exekutionen gemeinsam mit dem Angeklagten E. teil, ohne dabei jedoch das Exekutionsgeschehen fördernd beeinflusst zu haben.

 

dd. Auch die Angeklagten Kl. und P. leiteten zu ihrer Zeit bei der KdS-Dienststelle in Kiew Exekutionen, der Angeklagte Kl. zwei, der Angeklagte P. eine. Darüber, dass nicht mit Sicherheit der Nachweis erbracht ist, dass dabei auch Juden allein aus rassischen Gründen erschossen wurden (Kl.) und dass fördernd auf die Exekution eingewirkt wurde (P.) s.u. E.II., III.

 

e. Der Angeklagte Brünnert war im Frühjahr, etwa im März 1943, als Leiter der dortigen Aussenstelle der KdS-Dienststelle Kiew nach der ca. 80 km südlich von Kiew gelegenen Stadt Uman versetzt worden. Er hatte dort - nur in sehr viel kleinerem Ausmasse - die gleiche Tätigkeit wahrzunehmen wie der Angeklagte E. in Kiew, dem er nach wie vor unterstand. Bevor Brünnert seinen Dienst dort antrat, war er von E. über die Art seiner Tätigkeit dort informiert und besonders auf die Aufgabe der Juden-Sonderbehandlung hingewiesen worden. Der Judenausrottungsbefehl galt auch der Dienststelle in Uman, bei der der Angeklagte Brünnert gehalten war, an des Angeklagten E. Statt, den er dort vertrat, auch über die Exekutionen von Juden zu entscheiden. In unregelmässigen Abständen von 2-4 Wochen wurden dort Exekutionen vorgenommen, bei denen dann jeweils 4-8 Personen erschossen wurden. Die Exekutionen wurden von Brünnert geleitet, der mit seinen beiden Beamten auch selbst schoss. Die Häftlinge waren dabei voll bekleidet, ihre Wertsachen hatte Brünnert nach Kiew abliefern müssen. Sie mussten sich - wie auch bei den Exekutionen in Kiew - mit dem Gesicht nach unten in eine Grube legen, ohne dass der zuvor erschossene schon zugeschüttet gewesen wäre, und wurden sodann durch Genickschuss getötet. Unter den bis zur Räumung von Uman im Herbst 1943 unter der Leitung des Angeklagten Brünnert insgesamt ca. 120 so umgebrachten Häftlingen befanden sich wenigstens 15 Juden, darunter auch Kinder, die allein ihrer Rasse wegen erschossen worden waren.

 

II. Beweiswürdigung: die Angeklagten E., Dr. Schumacher und Brünnert

 

Dieser zu D.I. festgestellte Sachverhalt ist zur Überzeugung des Schwurgerichts bewiesen insbesondere durch die glaubhaften Geständnisse der Angeklagten Dr. Schumacher und Brünnert, sowie durch die uneidlichen (§60 Ziff.3 StPO), doch glaubhaften Aussagen des Zeugen Bo.

Der Angeklagte E. hat ein so freimütiges und offenes Geständnis wie die Angeklagten Schumacher und Brünnert nicht abgelegt. Trotz seiner auch in der Hauptverhandlung ständig wechselnden und widerspruchsvollen Einlassung hat er die Angaben von Dr. Schumacher und Brünnert, die vor ihm zur Sache vernommen wurden, und auch die Bekundungen des Zeugen Bo. jedoch nicht ernsthaft und mit Nachdruck bestritten. Vorhalte anders lautender Angaben oder Aussagen hat er meist mit Nichtwissen oder mit dem Hinweis, dass er sich daran nicht mehr erinnern könne, oder auch damit beantwortet, dass er solches für möglich halte. Eine klare Auskunft hat der Angeklagte E., vor allem in bedeutsamen Punkten, stets vermieden. Er räumt jedoch ein, den Befehl