Justiz und NS-Verbrechen Bd.XVIII

Verfahren Nr.523 - 546 (1961 - 1963)

Prof. Dr. C.F. Rüter, Dr. D.W. de Mildt
© Stichting voor wetenschappelijk onderzoek van nationaal-socialistische misdrijven, Amsterdam

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Lfd.Nr.526a LG Karlsruhe 20.12.1961 JuNSV Bd.XVIII S.69

 

Lfd.Nr.526a    LG Karlsruhe    20.12.1961    JuNSV Bd.XVIII S.101

 

Die Dienststelle war im ehemaligen NKWD Gebäude, bei dem auch das frühere NKWD Gefängnis sich befand, in der Korolenkastrasse 33 untergebracht. Die BdS-Dienststelle war dort ausgezogen, der Rest des EK 5, der von der Dienststelle übernommen wurde, von der Melnikastrasse nach dahin umgezogen. In dem Gebäude waren sämtliche Abteilungen der Dienststelle untergebracht. Die Mehrzahl der Dienststellenangehörigen, einschliesslich aller hier angeklagten SS-Führer mit Ausnahme von Dr. Schumacher, der weiterhin in der Melnikastrasse wohnen blieb, hatten dort auch ihre Unterkunft bezogen.

Der Angeklagte E. richtete die Dienststelle nach dem ihm bekannten Organisationsplan der KdS-Dienststelle Warschau, der er von Januar bis April 1939 angehört hatte, ein; er glich auch dem Organisationsplan des RSHA: Abteilung I: Personal, II: Verwaltung, III: SD, IV: Gestapo, V: Kripo. Die einzelnen Abteilungen waren wiederum in einzelne Referate untergegliedert, von denen vorliegend jedoch nur bedeutsam ist, dass zur Abteilung IV ein Judenreferat (IV B) gehörte, dessen Leiter jedoch nicht mehr sicher festgestellt werden konnte.

 

b. Von den von der KdS-Dienststelle unterhaltenen Aussenstellen in Uman, Biala-Zerkwa, Lubny und Poltawa ist für das vorliegende Verfahren nur die Aussenstelle in Uman bedeutsam.

Bedeutsam sind aber auch das nahe bei Kiew gelegene landwirtschaftliche Gut Michalowka, das von Anfang an zur Dienststelle gehörte und das vom Zeugen Ka., damals SS-Rottenführer, verwaltet wurde, sowie das in Kiew selbst im April/Mai 1942 eingerichtete sog. Arbeitserziehungslager, das von dem damaligen SS-Sturmbannführer Radomsky, der nicht mehr ermittelt werden konnte, geleitet wurde.

 

c. Während der Angeklagte E. die Dienststelle bis zur Räumung von Kiew im September 1943 ununterbrochen führte, gehörten die anderen Angeklagten jeweils nur einen Teil dieser Zeit der Dienststelle an:

Der Angeklagte Dr. Schumacher war bei Errichtung der Dienststelle vom BdS bzw. auch vom EK 5 mit übernommen worden; er war ihr erster Beamter und auch formell der Stellvertreter des Angeklagten E. Er leitete die Abteilungen IV/V bis zu seiner Ablösung, die auf sein Drängen hin im Juni 1942 erfolgte.

Der Angeklagte Brünnert, damals SS-Untersturmführer, war im April 1942 als Adjutant von E. zur KdS-Dienststelle gekommen und blieb in dieser Stellung dort bis März 1943. Zu diesem Zeitpunkt wurde er zu der zur Dienststelle gehörenden Aussenstelle Uman kommandiert, die er sodann bis zur Räumung im September 1943 leitete.

Der Angeklagte Kl. stiess als SS-Untersturmführer im Dezember 1942 zur KdS-Dienststelle und bekam alsbald die Abteilung I/II übertragen; er gehörte der Dienststelle bis an ihr Ende an und war zwischenzeitlich zum SS-Obersturmführer befördert worden.

Der Angeklagte P. schliesslich traf im Januar 1943 bei der KdS-Dienststelle in Kiew ein und wurde als SS-Untersturmführer in der Verwaltung im Referat Kassen- und Rechnungswesen beschäftigt; er gehörte der Dienststelle ebenfalls wie der Angeklagte Kl. bis zum Ende an.

 

4. Die Sonderbehandlung der Juden

 

Auf Anordnung des Angeklagten E. als KdS und unter der fördernden Mitwirkung der Angeklagten Dr. Schumacher und Brünnert wurden während des Bestehens der KdS-Dienststelle in Kiew von Februar 1942 bis September 1943 in Kiew und auf der Aussenstelle in Uman insgesamt wenigstens 380 Juden allein wegen ihrer Rassezugehörigkeit umgebracht, wobei sich die Mitwirkung des Angeklagten Dr. Schumacher auf wenigstens 140 Fälle, die des Angeklagten Brünnert auf wenigstens 30 Fälle, darunter 15 in Uman beschränkt.

Wie schon bisher als Führer des EK 1b galt dem Angeklagten E. auch als KdS in Kiew der Befehl, alle Juden allein aus rassischen Gründen zu vernichten. Hinter diesem Befehl stand auch noch z.Zt. der KdS-Dienststelle in Kiew derselbe einmal gefasste Willensentschluss von Hitler und seiner nächsten Umgebung, das Judentum in Europa auszurotten, es physisch zu vernichten.