V. Die Bearbeitung der Urteile

A. Die westdeutschen Urteile: Justiz und NS-Verbrechen

V. Die Bearbeitung der Urteile

Redaktion und Bearbeiter sind bei der Edition von dem Leitgedanken ausgegangen, dass eine wissenschaftlich zu verantwortende Veröffentlichung der Urteile grundsätzlich den unveränderten Textabdruck erfordert. Eine Wiedergabe der Urteile in der gekürzten Form, wie sie in amtlichen Sammlungen oder in juristischen Zeitschriften üblich ist, würde dem Werk mit Sicherheit das Interesse aller nicht-juristischen Wissenschaften nehmen. Aber auch der Rechtswissenschaft wäre mit einem gekürzten Abdruck der Urteile der Landgerichte, wie sie bei der Veröffentlichung der Entscheidungen von Rechtsmittelgerichten üblich ist, nicht gedient.

Deshalb sind alle Entscheidungen grundsätzlich ungekürzt, unverändert und ohne Kommentar veröffentlicht worden. Von diesem Prinzip sind folgende Ausnahmen gemacht worden:

1. Kürzung von Personennamen und dergl.

Im Interesse des Persönlichkeitsschutzes der Verfahrensbeteiligten haben die westdeutschen Landesjustizverwaltungen sowie der Bundesjustizminister ihre Genehmigung zur Veröffentlichung der von ihnen überlassenen Urteile unter der Auflage erteilt, dass die Namen der Verfahrensbeteiligten durch die Anfangsbuchstaben zu ersetzen seien. Nur hinsichtlich derjenigen Personen, die in den betreffenden Verfahren rechtskräftig zum Tode oder zu Zuchthausstrafen verurteilt worden sind, wurde eine vollständige Wiedergabe des Namens anheimgegeben. Bei den in den Bänden XXIII ff. veröffentlichten Urteilen musste - auf Grund der geänderten gesetzlichen Lage und der entsprechenden Auflage der Landesjustizverwaltungen - restriktiver verfahren werden: nur die Namen der zu lebenslanger Freiheitsstrafe Verurteilten können noch ungekürzt wiedergegeben werden. Ausgenommen davon sind allerdings Personen der Zeitgeschichte sowie diejenigen Verurteilten, die bereits in den Bänden I-XXII mit voller Namensnennung erwähnt wurden.

Die Redaktion hält diese Beschränkungen für begründet und sie hat sich bemüht, auch durch eine Reihe weiterer Massnahmen die berechtigten Interessen des Persönlichkeitsschutzes der Verfahrensbeteiligten zu wahren. Dazu sind, soweit dies im Interesse des Persönlichkeitsschutzes der Verfahrensbeteiligten erforderlich erschien, folgende Veränderungen am Text der zum Abdruck gelangenden Urteile vorgenommen worden:

a. Die Namen aller Zeugen und Sachverständigen wurden durch die Anfangsbuchstaben ersetzt. Ausgenommen von dem Persönlichkeitsschutz durch Verwendung der Anfangsbuchstaben wurden Verfahrensbeteiligte, die zu dem verhältnismässig eng zu ziehenden Kreis der Personen der Zeitgeschichte gehören.

Ist in einem Verfahren dieselbe Person in mehreren Entscheidungen erwähnt, so wird sie immer mit demselben Anfangsbuchstaben gekennzeichnet. Werden in einem Urteil mehrere Personen erwähnt, deren Familiennamen mit demselben Anfangsbuchstaben beginnen, sind zur Unterscheidung die ungekürzten Vornamen hinzugefügt worden.

Die Namen der Richter, die das Urteil erlassen haben, und die Namen der Staatsanwälte, Verteidiger und Urkundsbeamten, die an der Hauptverhandlung teilgenommen haben, sind ganz weggelassen worden.

b. Bei sämtlichen Angeklagten sind die Angaben über den Wohnsitz, soweit sie über den Namen des Wohnortes hinausgingen, gestrichen worden. Bei einigen Angeklagten, insbesondere bei den freigesprochenen, unterblieb auch die Angabe des Wohnortes, sofern es sich um sehr kleine Orte handelt, bei deren Nennung die Identität des Angeklagten trotz Kürzung seines Namens leicht festgestellt werden könnte.

c. Nicht-rechtskräftige Teile eines Urteils sind gestrichen worden, soweit das zum Schutze des Persönlichkeitsrechts erforderlich erschien oder der betreffende Textteil für das Verständnis des Ganzen entbehrlich war. Derartige Auslassungen sind ~...~ gekennzeichnet worden. Dabei wurde der Gegenstand der gestrichenen Textstelle durch eine kurze Angabe, z.B. durch das Wort ‚Strafzumessung‘, kenntlich gemacht. War eine Streichung nicht erforderlich oder nicht möglich, weil rechtskräftige und nicht-rechtskräftige Ausführungen so sehr ineinander übergingen, dass die Streichung den Text unverständlich gemacht hätte, wurde durch eine Fussnote angegeben, dass das Urteil teilweise aufgehoben worden ist.

d. Textteile aus einem rechtskräftigen Urteil, die ehrenrührige Tatsachen aus dem Vorleben eines Angeklagten enthalten, sind ganz gestrichen worden. Wo das wegen des Zusammenhangs nicht möglich war, wurden die betreffenden Verfahrensbeteiligten unkenntlich gemacht, indem die Angaben zur Person, die eine Identifizierung ermöglichen könnten, weggelassen wurden. Bei allen Freigesprochenen wurde die Erwähnung etwaiger Vorstrafen ersatzlos gestrichen. Da in demselben Urteil bei manchen Angeklagten die Tatsache des Bestehens von Vorstrafen erwähnt wird, während bei anderen darüber nichts gesagt ist, kann daraus, dass in demselben Urteil bei freigesprochenen Personen über diese Frage nichts ausgeführt wird, während bei anderen die Tatsache der Unbestraftheit erwähnt ist, nicht der Schluss gezogen werden, dass die Angabe von Vorstrafen durch die Bearbeiter gestrichen worden ist.

Weggelassene rechtskräftige Textteile werden, soweit sich nicht aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, dass sie generell ersatzlos gestrichen wurden, durch ... gekennzeichnet.

2. Schreibfehler und dergl.

Eindeutige Schreib- und Zeichensetzungsfehler sind verbessert worden, ohne dass dies durch eine Fussnote kenntlich gemacht wird. Ist ein Wort oder Satz in einem Urteil offensichtlich falsch verwendet worden, ohne dass es sich dabei eindeutig um einen Schreibfehler handelt, dann ist die betreffende Stelle des Urteilstextes verbessert worden. Der ursprüngliche Urteilstext ist jedoch in solchen Fällen in einer Fussnote abgedruckt. Ist ein Wort oder Satz wahrscheinlich falsch verwendet worden, dann wird in einer Fussnote vermerkt, welche Fassung dem Sinn der betreffenden Stelle am besten zu entsprechen scheint. Die Bearbeiter haben sich dabei grösste Zurückhaltung auferlegt und eine Änderung grundsätzlich nur dann vorgenommen, wenn der Text sonst unverständlich gewesen wäre.

3. Erläuterungen des Urteilstextes

Worte oder Sätze, die ohne Erklärung nicht verständlich schienen, werden in Fussnoten erläutert. Bei der Beurteilung der Verständlichkeit wurde davon ausgegangen, dass der Benutzer das hier massgebliche deutsche Recht und die wesentlichen Ereignisse der Zeitgeschichte kennt oder doch jedenfalls die Möglichkeit hat, bei Bedarf die einschlägige Literatur zu Rate zu ziehen. Die Bearbeiter haben es nicht als ihre Aufgabe angesehen, Erläuterungen in dieser Richtung anzufügen.

4. Fundstellen von Dokumenten

In der Urschrift einiger Entscheidungen sind die darin erwähnten Dokumente mit den entsprechenden Fundstellen in den Akten des betr. Verfahrens versehen. Die Fundstelle wird nicht abgedruckt, wenn es sich um Dokumente handelt, die sich nur auf ein bestimmtes Verfahren - wie z.B. die Ermächtigung der Militärregierung zur Durchführung des Verfahrens – oder auf einen bestimmten Angeklagten beziehen – wie z.B. ein Strafregisterauszug – und ausserdem das Vorhandensein dieser Dokumente in den Strafakten erwartet werden kann.

Beziehen solche Fundstellen sich jedoch auf Dokumente, die sich nicht nur auf ein bestimmtes Verfahren oder einen bestimmten Angeklagten beziehen und deren Vorliegen in den Strafakten keineswegs ohne weiteres erwartet werden kann, dann wird die in der Urschrift angegebene Fundstelle in einer Fussnote erwähnt.

Da nur ein kleiner Teil der Urteile die Fundstellen der Dokumente in der Urschrift angeben, kann aus der Tatsache, dass ein Dokument – obwohl es zur letztgenannten Kategorie gehört – nicht mit einer die Fundstelle mitteilenden Fussnote versehen ist, nur geschlossen werden, dass die Fundstelle in der Urschrift nicht angegeben worden ist - nicht jedoch, dass das Dokument in den Strafakten nicht vorhanden ist.

5. Veränderungen am äusseren Bild

An dem äusseren Bild der Urteile wurden geringfügige Veränderungen vorgenommen, soweit dadurch nicht der Sinn und die Bedeutung des Textes entstellt wurde, da ein Abdruck, der sich einer Faksimile-Veröffentlichung anzunähern sucht, für die Übersichtlichkeit und Brauchbarkeit der Sammlung ungeeignet erschien.

6. Keine Änderung der geographischen Namen

Die in den Urteilen verwendeten geographischen Namen sind aus Gründen der Authentizität wörtlich übernommen worden, auch wenn es sich um Bezeichnungen handelt, die während des zweiten Weltkrieges aus politischen Gründen eine deutsche Fassung erhalten hatten, z.B. ‚Gotenhafen‘ für ‚Gdynia‘ oder ‚Litzmannstadt‘ für ‚Lodz‘.

nach oben
X